Bodenseetagung 2024: Krise als Normalität

Donnerstag, 2. Mai 2024, 08.45 – 17.00 Uhr

„Die Welt im Krisenmodus!“ Eine gegenwärtig oft gelesene Schlagzeile zu Ereignissen, die wir als Bedrohungen wahrnehmen und als Krisen bezeichnen. Denken wir an die Coronapandemie, Kriege, an den Klimawandel oder auch an die Verknappung bezahlbaren Wohnraums, so stellen wir fest, dass sich mit Krisen vielfältige soziale Fragen stellen und damit die Soziale Arbeit adressiert wird.

Und ja, die Soziale Arbeit kann Krise! Fachpersonen Sozialer Arbeit verstehen es, Menschen in psychosozialen Krisen zu ermächtigen. Wir unterstützen Menschen, die aufgrund kriegerischer Ereignisse oder klimatischer Veränderungen in eine Notlage geraten und zur Flucht gezwungen werden. Wir beraten Familien, die aufgrund unterschiedlicher Einschätzungen der Coronapandemie auseinander zu fallen drohen. Oder wir begleiten Menschen mit einer Beeinträchtigung dabei, ihren Wunsch nach einer eigenen Wohnung zu verwirklichen.

In philosophischer Betrachtung beschreiben Krisen instabile und im Ausgang ungewisse Zustände. So wurden in der frühen Phase der Industrialisierung die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der Fabrikarbeiter:innen und ihrer Familien als Krisen proklamiert und mit der sozialen Frage verknüpft. Insbesondere die zivilgesellschaftlichen Bewegungen haben in der Folge zu entsprechenden sozialpolitischen Verbesserungen beigetragen. In dieser Betrachtung können wir Krisen auch als Chancen verstehen. Max Frisch sagt in diesem Zusammenhang „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“. Oder etwas pointierter bringt es Manuel Stahlberger auf den Punkt: „Jede Scheiss isch e Chance“. Gleichzeitig macht er  auf eine der Krise innewohnende gesellschaftliche Erwartung aufmerksam, wenn er weiter singt: „Höred sie uf sich leid z‘tue, Herr Kuster. Das isch doch z’bequem, mached sie stattdesse öpis us ihrne Problem.“

Die Soziale Arbeit übernimmt in der – sozialen – Frage des Umgangs mit Krisen in der Gegenwart eine wichtige und zentrale Rolle. Fachpersonen Sozialer Arbeit leisten täglich wertvolle Unterstützung in vielfältigen Krisensituationen. Wir machen das aber nicht im Alleingang. Vielmehr tragen wir zur Ermächtigung unserer Klientel bei. Wir vernetzen und leisten damit einen Beitrag, Antworten und Lösungen für soziale Fragen zu finden. Wir tragen damit wesentlich dazu bei, Adressat:innen Sozialer Arbeit im Umgang und in der Bewältigung psychosozialer, regionaler und globaler krisenhafter Ereignisse zu stärken. Immer mit dem Ziel, die von Stahlberger proklamierten Chancen der Krisen zu nutzen und den Beigeschmack der Katastrophe, im Sinne von Max Frisch, zu nehmen.

  • Was heisst es, wenn Krisen Normalität sind, und wie gelingt es Menschen damit umzugehen und ein gutes Leben zu führen?
  • Was ist mit sozialen Verwerfungen, die den Status der Krise nicht erlangen und es bei der Randnotiz in der Zeitung bleibt?
  • Wie können sich Fachpersonen der Sozialen Arbeit als Krisenexpert:innen bei sozialen Fragen der Gegenwart und Zukunft gewinnbringend einbringen und damit zur Stärkung Einzelner und der Zivilgesellschaft beitragen?

Diese Fragen stehen im Zentrum der nächsten Bodenseetagung, die am Donnerstag, 2. Mai 2024 in Wil SG stattfindet. 

Programm

ab 08.00 Uhr – Ankommen

Kennenlernen und Kaffee

08.45 Uhr – Start Bodenseetagung 2024

Begrüssung und Einstieg

ab 09.45 Uhr – Denkinseln

Die Übersicht der Denkinseln finden Sie hier.

12.15 Uhr – Mittagessen

Mit Zeit für Austausch, Gespräche und Vernetzung

13.45 Uhr – «Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen» (A. Camus). Narrative Zugänge zu Krisen und Sozialer Arbeit

Keynote von Nina Stern, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ISAL Institut für Soziale Arbeit im Lebensverlauf an der OST

14.30 Uhr – Blitzlichter

Corinne Bromundt; Illustratorin, Grafikerin und Cartoonistin

15.15 Uhr – Denkcafé mit Kuchen

16.45 Uhr – Abschluss

Dank und Verabschiedung durch das Projektteam

17 Uhr – Offizielles Ende der Tagung

Raum für Vernetzung und Gespräche

Stadtsaal Wil
Bahnhofplatz 69500Wil

Die Tagungskosten betragen CHF 150.– (inkl. Verpflegung). AvenirSocial-Mitglieder und OST-Studierende zahlen CHF 50.–. Die Rechnungsstellung erfolgt erst nach der Veranstaltung.

Projektteam:
Andrea Thoma
, Fachverantwortliche Praxisprojekte, OST
Axel Pohl, Dozent, IFSAR Institut für Soziale Arbeit und Räume, OST
Dani Fels, Dozent, IFSAR Institut für Soziale Arbeit und Räume, OST
Corina Bieri, ISAL Institut für Soziale Arbeit im Lebensverlauf, OST

Beirat:
Nusejba FetaiHPV Rorschach
Saimen Gähwiler, Leiter Amtsvormundschaft Mittelrheintal
Elena Grob, Mobile Sozialarbeit, Gemeinde Herisau
Reto Stacher, Leiter Soziales/Gesellschaft,  Stadt Arbon
Carole Zellner, Vertretung AvenirSocial Ostschweiz, IFSAR Institut für Soziale Arbeit und Räume, OST

Die OST – Ostschweizer Fachhochschule führt die Bodenseetagung in Kooperation mit dem Berufsverband AvenirSocial Region Ostschweiz und der AlumniOST durch.