Methanisierung im Untergrund

In unserem Newsletter haben wir immer wieder Power-to-Gas-Projekte vorgestellt. Solche, bei welchen Wasserstoff und CO2 in einem katalytischen Reaktor in Methan umgewandelt werden, wie bei unserer Forschungsanlage HEPP. Und solche mit biologischen Prozessen, bei welchen Archaeen (Mikroorganismen) für diese Umwandlung verantwortlich sind (wie beim EU-weiten Forschungsprojekt Store&Go sowie bei der aktuell schweizweit grössten Power-to-Gas-Anlage in Dietikon). Bei all diesen Projekten wird die Sektorkopplung und damit die Flexibilität des Energiesystems vorangetrieben, und es wird ein über längere Zeit speicherbares Gas produziert. Doch um das Gas dann tatsächlich speichern zu können, fehlt in der Schweiz genau das: ein Speicher. Im aktuell laufenden Forschungsprojekt «Underground Sun Conversion – Flexible Storage (USC FlexStore)» sollen die Methanisierung und die saisonale Speicherung verbunden werden – eine neue Technologie, welche also die Grundidee von Power-to-Gas von Sektorkopplung und saisonaler Speicherung umsetzt.

Im Vorprojekt «Underground Sun Storage» wollte die österreichische RAG Austria AG, welche verschiedene Erdgasspeicher betreibt, testen, ob in diesen Speichern auch Wasserstoff eingelagert werden kann. Die Überraschung war nicht gering, als bei der Testanlage beim Ausspeisen bemerkt wurde, dass sich dieser zum Teil in Methan umgewandelt hatte. Grund dafür sind die im Erdreich natürlich vorkommenden Archaeen, welche vor Jahrmillionen das dort aufgefundene Erdgas produzierten. Wird ihnen Wasserstoff und CO2 zur Verfügung gestellt, so produzieren sie auch heute noch Methan daraus. Bei der Testanlage in Österreich war noch restliches CO2 von der Erdgasförderung im Untergrund. Dieses hat sich mit dem eingespeisten Wasserstoff zu Methan umgewandelt. Seit ihrem überraschenden Fund konnte die RAG in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien diese Umwandlung wissenschaftlich nachweisen und hat die entsprechende Technologie der Geo-Methanisierung patentiert. Mit dem neuen Projekt «USC FlexStore» untersuchen sie nun zusammen mit Energie 360°, IET Institut für Energietechnik der OST, Empa, Universität Bern, Universität für Bodenkultur Wien und WIVA P&G inwiefern diese neue Technologie der Geo-Methanisierung umgesetzt werden kann. Es werden dabei technische, betriebliche, wirtschaftliche, ökologische und regulatorische Aspekte der Geo-Methanisierung untersucht.

Das Prinzip der Geo-Methanisierung ist, dass im Sommer überschüssiger erneuerbarer Strom via Elektrolyse in Wasserstoff (H2) umgewandelt wird. Dieser wird dann zusammen mit Kohlendioxid (CO2), welches aus industriellen Prozessen abgeschieden wird (z.B. Kehrichtverbrennung oder Zementwerke), in Untergrundspeichern in über 1’000 Metern Tiefe eingelagert. In diesen befinden sich die Archaeen, die den Wasserstoff und das CO2 zu erneuerbarem Methan verstoffwechseln. Das dort unten produzierte Methan kann dann im Winter den Speichern wieder entzogen und als Methan, welches der Hauptbestandteil von Erdgas ist, vielfältig genutzt werden (siehe Abbildung 1).

Gegenüber anderen Speichertechnologien verfügt die Geo-Methanisierung über einige Vorteile: Das Verfahren weist im Vergleich zu Pumpspeicherkraftwerken oder Batteriespeichern eine viel höhere Speicherkapazität auf – bei gleichzeitig geringem Flächenbedarf an der Oberfläche. Zusätzlich hat der Prozess auch gegenüber konventionellen Power-to-Gas-Verfahren Vorteile: Wenn der Untergrundspeicher gleichzeitig als Methanisierungsreaktor dient, lassen sich die zwei Inputgase in jenen Mengen einspeisen, die gerade anfallen. Anders als bei einer oberirdischen Methanisierung ist also kein genaues stöchiometrisches Verhältnis von Wasserstoff und CO2 einzuhalten. Das Ausmass dieser Flexibilität wird in diesem Forschungsprojekt von der Universität für Bodenkultur Wien untersucht.

Allerdings haben Speicherformationen einige Anforderungen zu erfüllen, um für die Geo-Methanisierung geeignet zu sein. Der Untergrund muss von einer gasdichten Schicht abgedichtet sein, um Wasserstoff und Methangas zurückzuhalten. Zudem braucht es Gesteinsschichten mit einer grossen Oberfläche und somit von einer hohen Porosität, damit sich die Archaeen optimal vermehren können. Ob wir in der Schweiz über geologisch geeignete Formationen verfügen, welche für eine Geo-Methanisierung genutzt werden können, untersucht die Universität Bern. Die Forschungspartnerin Empa modelliert in ihrem Arbeitspaket die potenziellen Mengen der benötigten Inputgase Wasserstoff und CO2, und schätzt mit Szenarien zu saisonalen Überschussmengen an Strom das Produktionspotenzial für Wasserstoff ab.

Die ökonomisch sinnvolle Verwendung dieses Potentials wird vom IET Institut für Energietechnik der OST untersucht. Wir ermitteln den Einfluss von Faktoren wie Energiepreisen, Netzgebühren, Anlagengrösse und jährlichen Betriebsstunden auf die Wirtschaftlichkeit der Geo-Methanisierung. Und wir untersuchen, wie sich die Skaleneffekte durch das grosse Volumen auf die Gestehungs- und Speicherkosten des Methans auswirken.

Die Zürcher Energieversorgerin Energie 360° leitet im Projekt «USC FlexStore» den Schweizer Teil, denn das Unternehmen ist daran interessiert, dass das Projekt Ergebnisse liefert, die als Entscheidungsgrundlage für nächste Schritte dienen können. Voraussichtlich Anfang 2023 liegen diese Resultate vor. Dann wollen die Projektpartner von «USC FlexStore» entscheiden, ob sie mit Folgeprojekten nächste Schritte initialisieren.

Das Projekt «USC FlexStore» wird im Rahmen der Programmplanungsinitiative «ERA-Net Smart Energy Systems» unter dem Schwerpunkt «Integrated Regional Energy Systems» gefördert. Die österreichische Beteiligung am ERA-Net Smart Energy Systems wird mit Mitteln von BMK, dem Klima- und Energiefonds und die FFG gefördert. Der Schweizer Projektteil wird durch das Bundesamt für Energie (BFE) finanziell gefördert.

Laufzeit: 01.12.2020 - 31.05.2023

Mehr Infos: https://www.underground-sun-conversion.at/flexstore

Autorin Artikel: zoe.stadler@ost.ch