Forschungsprojekt

Innovationen für den nächsten Medaillenregen

Massgefertigte Snowboards und Ski für internationale Spitzenathletinnen und -athleten. Damit ist der hochspezialisierte Handwerksbetrieb Oxess aus Bubikon bekannt geworden. Innovationsmüde wird Oxess-Chef Marcel Brunner nicht – erst kürzlich hat er mit einer HSR Maschine einen ganzen Arbeitsschritt automatisiert. Und er plant bereits weitere Innovationen zusammen mit der HSR.

Ein paar Klicks am Computer und einige Metallrollen beginnen damit, eine Snowboard-Kante in Form zu biegen. Nach wenigen Sekunden hat die Maschine knapp 2 Meter Metall in Form gebogen. Einen prüfenden Blick und zwei präzise Zangen-Kniffe von Oxess-Chef Marcel Brunner braucht es noch, dann sind die Kanten bereit, in die Sandwich-Konstruktion eines präzise auf die Anforderungen eines bestimmten Athleten optimierten Snowboards eingefügt zu werden.
Die Liste namhafter Athletinnen und Athleten, die mit Oxess-Boards regelmässig Medaillen gewinnen, ist lang. Der Schweizer Olympia-Gold-Sieger Nevin Galmarini  gehört genauso dazu wie die Damen- und  Herren-Nationalmannschaften in der Disziplin Alpin-Snowboard der Volksrepublik China oder die Goldmedaillen-Gewinnerin im Freestyle Skiing Hanna Huskova aus Weissrussland. Solche Kunden verlangen nach Präzision und Hochleistungs-Sportgeräten. «Bei uns ist jedes Brett ein Einzelstück, deshalb musste ich bisher auch jede einzelne Kante von Hand biegen», sagt Oxess-Chef Marcel Brunner.
Mehr als 25 Jahre lang hat er das gemacht. Doch seit die neue Maschine bei Oxess diese Arbeit übernimmt, «sparen wir fast die Hälfte der Zeit für diesen Arbeitsschritt», sagt Brunner. Zeit, die er nur zu gern in andere Arbeiten oder die Leitung des wachsenden KMU-Betriebs investiert. Seit der Gründung produziert Oxess jedes Jahr mehr Boards, rund 1'000 Stück waren es 2018.

Hochschul-Nachbarschaft als Standort-Vorteil

In der Oxess-Werkstatt mischen sich die Eindrücke – halb Manufaktur, halb High-Tech-KMU. Das neue Kanten-Biegesystem wurde von Bachelorabsolvent Marc Heeb in einer Studienarbeit vorbereitet und in einer Bachelorarbeit in Form eines funktionsfähigen Prototyps entwickelt. Nach einer abschliessenden Verbesserung durch das ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik der HSR erfüllte das neue Gerät die Anforderungen von Oxess.

Doch die neue Maschine ist nicht das einzige HSR Know-how hier. Die Daten aus einem HSR Teststand, der die Biegeeigenschaften von Snowboards und Ski exakt ausmisst, dienen Oxess etwa der stetigen Weiterentwicklung der Sportgeräte. Entwickelt wurde der Teststand von einer Masterstudentin mit Unterstützung des IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der HSR. Diverse HSR Studienarbeiten zu den Struktur- und Schwingungsdämpfung bei Snowboards fliessen ebenfalls direkt in die Entwicklung ein. Wenn Brunner eine Maschine nicht auf dem Markt beziehen kann und einen spezifischen Prototypen braucht oder wenn er neue Werkstoffe testen oder seine Prozesse optimieren will, ist die HSR seine erste Anlaufstelle.
Seit 2005 wurden in Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten sowie in der Zusammenarbeit mit den HSR Forschungsinstituten aus Ideen Wettbewerbsvorteile für Oxess. Die enge Zusammenarbeit ist ein Paradebeispiel für den vom Gesetzgeber gewünschten Wissenstransfer aus den Fachhochschulen in die Wirtschaft. «Ich überlege mir immer, wie ich noch besser produzieren kann, und weil die Zusammenarbeit mit der HSR so gut klappt, habe ich praktisch keine anderen Partner mehr für Innovationen», sagt Brunner, der die Nähe zu HSR als Standort-Vorteil sieht. Doch nicht nur Oxess profitiert von der Zusammenarbeit. Wenn Studierende Konzeptstudien oder Prototypen bauen und die HSR Forschungsinstitute die Prototypen anschliessend zur Betriebsreife weiterentwickeln, wächst auch das Know-how an der HSR, wovon wiederum die Studiengänge profitieren.

Nächstes Projekt schon im Kopf

Der Know-how-Kreislauf ist aktuell noch nicht am Ende. Brunner plant bereits das nächste Projekt mit der HSR. «Ein Prüfgerät für Schwingungen fehlt uns noch», skizziert Brunner seine Idee. Mit dem Gerät will er ausmessen, wie die verschiedenen Materialien in Ski und Snowboards sich genau auf das Dämpfungs- und Schwingungsverhalten auswirken. «Damit könnte ich basierend auf den Messdaten optimale Materialkombinationen suchen und so noch mehr Leistung aus den Brettern holen», sagt Brunner. Die Gespräche mit der HSR über das Folgeprojekt laufen derzeit.

Aus der Maschine direkt ins Snowboard. Eine frisch gebogene Kante wird in die Sandwich-Struktur eines Snowboards integriert.
Aus der Maschine direkt ins Snowboard. Eine frisch gebogene Kante wird in die Sandwich-Struktur eines Snowboards integriert.
Fünf computergesteuerte Rollen verwandeln digitale Planungsdaten in exakt gebogene Ski- und Snowboardkanten.
Fünf computergesteuerte Rollen verwandeln digitale Planungsdaten in exakt gebogene Ski- und Snowboardkanten.