Was bringt Customer Education?

Trotz eines durchdachten Servicedesigns und einer hohen Usability stellen Unternehmen immer wieder fest, dass es nicht allen Kunden gelingt, ein Produkt oder eine Dienstleistung erfolgreich zu nutzen. Viele Firmen bieten ihren Kunden daher Customer Education an. Hierbei handelt es sich um Lernaktivitäten, die darauf abzielen, Wissen rund um Produkte und Dienstleistungen zu vermitteln und Kunden in die Lage zu versetzen, sich effektiv am Dienstleistungsprozess zu beteiligen (Bell et al., 2017).

In der Praxis besteht eine grosse Breitbreite von Umsetzungsmöglichkeiten. Grob kann zwischen Customer Education durch Mitarbeitende (z. B. Kundengespräche, telefonischer Support, Kundenseminare) und unpersönlichen Formen von Customer Edcuation unterschieden werden können. Letztere Kategorie umfasst vor allem digitale Formate wie FAQ-Seiten, Erklärvideos, Tooltips, «guided tours» durch die eigene Software oder Instruktionen durch Chatbots. Gemäss Literatur stellt die Auseinandersetzung mit solche Inhalten eine zentrale Art von Kundenlernen dar (Hibbert et al., 2012).

Neben der Frage, wie Customer Education im Einzelfall ausgestaltet wird, ist für Praktiker vor allem zentral,ob sich Investitionen in die Produktion von Lerninhalten tatsächlich lohnen. Hierzu liegen mittlerweile vielschichtige Erkenntnisse vor. So zeigten beispielsweise Retana et al. (2015) in einem Softwarekontext, dass proaktiv angebotene Customer Education die Kundenabwanderung innerhalb der erste Woche um die Hälfte reduzieren kann. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen von Walter et al. (2023) in einer Studie zum Zusammenhang von Customer Education und Technologieakzeptanz im Finanzdienstleistungsbereich. Allerdings ist auch Vorsicht geboten. Wird durch Customer Education vor allem generelle Expertise vermittelt (z. B. allgemeines Wissen über Finanzprodukte) und nicht firmenspezifisches Know-how aufgebaut (z. B. Wissen zu eigenen Finanzprodukten), kann dies die Kundenloyalität reduzieren, weil Kunden eher geneigt sind, den Anbieter zu wechseln (Bell et al., 2017).

Prof. Dr. Benjamin von Walter
ISM Institut für Strategie und Marketing
+41 58 257 13 98
benjamin.vonwalter@ost.ch

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Benjamin von Walter ist Professor für Marketing und leitet das Kompetenzzentrum Marketing. Er beschäftigt sich schwerpunktmässig mit Dienstleistungsmarketing und Employer Branding. Seine Publikationsliste umfasst Beiträge in internationalen Journals (z. B. Journal of Service Research), Artikel in bekannten Transferzeitschriften (z. B. Harvard Business Manager) sowie das Lehrbuch «Employer Brand Management – Arbeitgebermarken aufbauen und steuern». 

 

 

 

 

Literatur:

Bell, S. J., Auh, S., & Eisingerich, A. B. (2017). Unraveling the Customer Education Paradox. Journal of Service Research, 20(3), 306-321. https://doi.org/10.1177/1094670517691847

Hibbert, S., Winklhofer, H., & Temerak, M. S. (2012). Customers as Resource Integrators: Toward a Model of Customer Learning. Journal of Service Research, 15(3), 247-261. https://doi.org/10.1177/1094670512442805

Retana, G. F., Forman, C., & Wu, D. J. (2015). Proactive Customer Education, Customer Retention, and Demand for Technology Support: Evidence from a Field Experiment. Manufacturing & Service Operations Management, 18(1), 34-50. https://doi.org/10.1287/msom.2015.0547

von Walter, B., Jäger, B., Heumann, C., & Kremmel, D. (2023). Customer Education in the Digital Age: Intended and Unintended Effects. Proceedings of the European Marketing Academy Conference, 52nd, (113435). https://proceedings.emac-online.org/pdfs/A2023-113435.pdf