Die Bergtour an die Karrierespitze

Medienmitteilung vom 7. März 2022

Frauen können im Arbeitsleben ihre Potenziale oft nicht entfalten. Sie «machen» deshalb weit weniger häufig «Karriere» in Unternehmen als Männer. Fazit: Frauen sind seltener in Führungspositionen und Geschäftsleitungen zu finden. Das zeigt eine Untersuchung der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Dies trifft besonders auf Karrieren im industriellen Umfeld zu. Eine Tagung will Lösungen aufzeigen.

«Woman’s Careers – wie macht frau Karriere» - der Anlass zeigt auf, wie mit HR Analytics und Datenanalysen die Ursachen für Ungleichbehandlung gefunden werden können.

Der Weg ganz nach oben ist kein Spaziergang. Eher eine Wanderung mit vielen Hindernissen. Für Männer. Für Frauen gleicht der Weg nach oben aber eher einer Bergtour. Ein stimmiges Bild, das zu einer Umfrage der OST – Ostschweizer Fachhochschule passt. 250 Frauen im Alter 40plus aus klein- und mittelgrossen Unternehmen wurden zu ihrer Karrierelaufbahn befragt – «mehr als 50 Prozent der befragten Frauen über 40 sehen keine Aussicht auf einen Aufstieg in ihrer aktuellen Position», schreiben Nermina Beganovic, Sibylle Olbert-Bock, Abdullah Redzepi und Nicole Bischof in einer Fachpublikation. Unisono sind die befragten Frauen der Meinung, «Ausbaukapazitäten» zu haben: «Vor allem das ‹Erreichen beruflicher Ziele› und die ‹Zufriedenheit mit der bisherigen Nutzung der eigenen Kompetenzen und Potenziale› sind noch ausbaufähig», heisst es in der Studie.

Frauen müssen mehr Leisten für den beruflichen Erfolg

Rund die Hälfte der Befragten stimmten der Aussage zu, als Frauen für das Vorankommen im Job mehr leisten zum müssen als Männer. Weiter meinen 40 Prozent der befragten Frauen, dass sie verglichen zu ihren männlichen Kollegen in puncto Aufstieg und Verantwortungsübernahme unter ihren Möglichkeiten blieben. Und jede vierte Frau gibt an, dass sie für einen Karriereschritt vorgeschlagen wurde aber letztlich doch Männer zum Zuge kamen.

Auffallend ist, dass das Lebensalter von Frau und Mann unterschiedlich konnotiert wird. Während bei Männern das Alter 40plus mit «erfahren und wohlhabend» umschrieben wird, gelten ältere Frauen als bisweilen «unbequem». Weiter geben viele Frauen an, dass sie im Vorstellungsgespräch schon nach der Familienplanung gefragt wurden und Beförderungsdiskriminierung erlebten aufgrund des Geschlechts oder einer Mutterschaft.

Tiefer Frauenanteil in der Geschäftsleitung der Schweizer Industrie

«Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen deutlich, dass Frauen zu oft ihre Potenziale nicht entfalten können und damit unter ihren Möglichkeiten bleiben», schreibt das Team aus dem Institut für Organisation und Leadership (IOL) der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Dies treffe insbesondere auch für eine Laufbahn im industriellen Umfeld zu. «Mit nur sieben Prozent Frauenanteil in Geschäftsleitungen präsentiert sich die Schweizer Industrie mit dem tiefsten Wert im Vergleich zu anderen Branchen», sagt Lisa Marie Giermindl, Professorin am IOL. «Damit mangelt es an wichtigen Vorbildern für Frauenkarrieren in der Industrie.» Dem will Giermindl gegensteuern: «Mit Blick auf die zunehmende Knappheit an Fachkräften und den wachsenden Rekrutierungsschwierigkeiten in Ostschweizer Industrie-KMUs möchten wir aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchten, ob und unter welchen Voraussetzungen Frauen und Männer verschiedenen Lebensalters den Weg nicht nur in die Industrie finden, sondern auch ob sich der Blick über den Tellerrand in andere Branchen lohnt und worauf bei der Gestaltung lebenslanger Entwicklung künftig geachtet werden muss.» Lisa Giermindl wird aufzeigen, wie mit HR Analytics und Datenanalysen die Ursachen für Ungleichbehandlung / Diskriminierung gefunden werden und wie aus diesen wertvollen Einblicken Erkenntnisse und Massnahmen abgeleitet werden können.

Frauen machen ein Unternehmen erfolgreicher

Eine Tagung unter dem Motto «Woman’s Careers – wie macht frau Karriere» soll Antworten liefern. Zu den Gästen gehört Nani Cristina Nold, Diversity, Inclusion & Work Well Managerin beim Versicherungskonzern Allianz Suisse AG. «Unternehmen mit hoher Gender-Diversität haben eine um 25 Prozent und damit signifikant grössere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein», zitiert sie aus einer McKinsey-Studie.

Ebenfalls mit dabei ist Christine Egger-Schöb, Geschäftsführerin des Gamser Holzbausystembau Unternehmens Schöb AG und Präsidentin des im Januar 2022 gegründeten Vereins Pro Familia Ostschweiz. «Unser Ziel ist es, mit familienorientierten Organisationen den Kontakt zu suchen, auch mit kleinen oder mittleren Unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter aufgebaut werden kann», sagt die Ökonomin. Diese Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für die Karriere von Frauen entscheidend. Das eingangs zitierte AutorInnen-Team hat deshalb aus Umfrageergebnissen – finanziell unterstützt durch das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann – Eckpunkte für ein gendersensibles Karriereprogramm abgeleitet. So heisst es darin: «‹Laufbahnvielfalt› in Unternehmen anzubieten, bedeutet, traditionelle Karrieren zu fördern sowie Teilzeit- und Projektkarrieren sowie Umstiege zwischen Karrierearten zu ermöglichen.»

Der Anlass «Woman’s Careers – wie macht frau Karriere» findet am Donnerstag, 17. März, ab 17 Uhr auf dem Campus St.Gallen der OST – Ostschweizer Fachhochschule statt. Der Anlass ist kostenlos. Da die Teilnehmendenzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldung notwendig: ost.ch/iol-veranstaltungen.

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