Nachhaltige Entwicklungsarbeit sichert Wasser und Licht in Liberia

Medienmitteilung vom 28. Oktober 2022

Während Europa durch die Energieknappheit mögliche Stromausfälle und damit auch Ausfälle bei der Wasserversorgung befürchtet, gehört beides in Liberia einfach zum Alltag dazu. Seit Jahren engagieren sich Dozierende und Forschende sowie Studierende der OST – Ostschweizer Fachhochschule deshalb in der nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit mit Liberia und weitere Staaten in Westafrika. Kürzlich reiste eine Gruppe von Studierenden und Dozierenden nach Liberia, um Wartungsarbeiten an einer solarbetriebenen Wasserversorgung zu unterstützen. Etwas später war ein Team vor Ort, um die Modernisierung einer Geburtsklinik mit einer solarbasierten Stromversorgung zu begleiten. Die Finanzierung sowie die personelle und materielle Unterstützung der Aktivitäten, wird durch ein engagiertes Netzwerk lokaler Organisationen und Unternehmen inklusive der OST rund um Rapperswil-Jona getragen.

Der Wasserkiosk in einer Luftaufnahme.
Der Wasserkiosk steht in einem Siedlungsgebiet, das rund 11000 Menschen Zugang zum gereinigten Wasser ermöglicht.
Der Austasch mit den Technikern vor Ort sichert die langfristige Wartung des Wasserkiosk.
Zahlreiche Menschen kommen jeden Tag zum Wasserkiosk, um Wasser für ihre Familien zu holen.
Der Wasserkiosk ist Versorgungs- und Treffpunkt gleichermassen.

Wenn selbst das Grundwasser nur abgekocht trinkbar ist, hat das tiefgreifende Auswirkungen auf Menschen. Kinder müssen täglich weite Strecken laufen, um Wasser zu holen, statt in die Schule zu gehen. Familien müssen ständig abwägen, ob Wasser holen oder arbeiten und lernen gerade wichtiger ist. Durchfall durch belastetes Wasser verursacht viele Todesfälle. Doch das ist in Liberia nur eine von vielen Herausforderungen. Der Strom kann mehrmals täglich ungeplant ausfallen. Lange Fahrten zum Flughafen oder ins Spital werden häufig durch sintflutartige Regenfälle und kaputte Strassen zur stundenlangen Expedition unter extremen Bedingungen.

Um in diesem Umfeld Schritt für Schritt langfristige und nachhaltige Verbesserungen zu erreichen, engagiert sich Felix Walz aus Schmerikon SG mit seiner Bowier Trust Foundation Switzerland (BTFS) und dank des finanziellen Rückhalts durch den Rotary Club Oberer Zürichsee seit Jahren. Mit materieller, personeller und finanzieller Unterstützung der OST sowie durch weitere lokale Organisationen (siehe Infos weiter unten) treibt er auch zusammen mit der OST Projekte voran, die eine nachhaltige Verbesserung der Lebensumstände zum Ziel haben. «Wasser ist die Lebensgrundlage, deshalb konzentrieren wir uns auch darauf», erklärt Walz.

Trinkwasser aus dem Solar-Wasserkiosk und Ausbildungskooperation

Seit 2018 ist das Trinkwasserproblem für einen Teil der Bevölkerung nordöstlich von Liberias Hauptstadt Monrovia gelöst. Ein solar betriebener und mit modernen Membranfiltern ausgestatteter Wasserkiosk produziert sauberes Trinkwasser für ein Einzugsgebiet, in dem rund 11 000 Menschen leben. Und das zu einem Preis, der weit unter den üblichen Preisen für sauberes Trinkwasser aus Flaschen liegt. Das Konzept basiert darauf, nur genau so viel Geld einzunehmen, damit Laborproben zur Trinkwasserqualität sowie nötige Wartungsarbeiten regelmässig durchgeführt werden können und die Wasserversorgung damit nachhaltig gewährleistet ist. Ein Video zum Projekt ist hier online.

Der erste vollständige Wartungszyklus wurde vor wenigen Wochen erstmals erfolgreich abgeschlossen. Eine Studierendengruppe der OST reiste nach Liberia, um die lokalen Techniker bei den Wartungsarbeiten zu unterstützen. Das Studierenden-Team bestand aus Dylan Derradj und Simon Grundler (beide Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der OST, diesen Sommer abgeschlossen) sowie Julian Rieder (Studiengang Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich). Solartechnik-Dozent Christof Biba reiste später nach, um als Repräsentant der OST unter anderem die Beziehungen zu verschiedenen Organisationen in Liberia zu stärken und die Arbeiten der Studierenden zu begutachten.

Das Timing war gerade richtig. Als die Gruppe die Anlage besuchte, hatte ein Kabelbrand den Wasserkiosk beschädigt. „Im Nachhinein konnten wir den Kabelbrand als Glücksfall sehen, denn es hätten weitere Komponenten zu Schaden kommen können. Wir haben den Schaden als Anlass genommen, die gesamte Installation neu auszulegen.“, sagt Simon Grundler. Im Endeffekt wurde sogar mit weniger Material als ursprünglich verbaut war, die neue Elektronik umgesetzt. Die eingesparten Komponenten konnten in einem weiteren Projekt für eine Geburtsklinik (siehe unten) eingesetzt werden, was die Kosten senkte.

Für die beiden OST-Absolventen war der Einsatz ein voller Erfolg. «Die Arbeiten waren fachlich sehr interessant, weil wir dort das Wissen aus mehreren Schwerpunktmodulen aus dem Studium direkt real anwenden konnten», so Grundler. «Das nötige Wissen vor Ort hat praktisch 1:1 meinen Studienschwerpunkten entsprochen, wie sich autarke solarbetriebene Wasseraufbereitungs- und Energiesysteme umsetzen lassen», erklärt Grundler weiter.

Auch Studienkollege Dylan Derradj zieht ein positives Fazit: «Nach dieser Reise weiss ich, was ich mit meinem Bachelor machen will und dass ich in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten möchte.» Ihm sei von Anfang an wichtig gewesen, an Projekten mitzuarbeiten, die transparent mit Material, Finanzen und Personal umgehen. Dank der Arbeit in Liberia habe er nun auch sehr gute Referenzen sammeln können, um sich bei Organisationen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit zu bewerben.

Direkthilfe und Ausbildung kombinieren

Neben praktischen Projekten umfasst die Zusammenarbeit auch die Ausbildung von Fachkräften mithilfe von fachbezogenen Weiterbildungsprogrammen. Erst im Mai 2022 unterzeichnete die OST ein Memorandum of Understanding mit der UMU United Methodist University in Monrovia, Liberia, für eine künftig engere Zusammenarbeit. Auch vorher engagierte sich die OST und bildete zum Beispiel den Studierenden Laryee A. Sannor aus Liberia in Rapperswil-Jona anhand praktischer Übungen in den Bereichen Wasser- und Solartechnik weiter aus. Seitdem steht er im Zentrum des lokalen Teams vor Ort, das nicht nur den Wasserkiosk betreibt, sondern auch selbst eigene Projekte vor Ort umsetzt – von der Wasser- und Stromversorgung bis hin zur Überschwemmungsprävention und Abwasserbehandlung.

Geburtsklinik mit Solarstrom versorgen

Mitte Oktober war der EEU-Absolvent Derradj nochmals in Monrovia, um die Stromversorgung einer Geburtsklinik mit Solarstrom zu ermöglichen. Er übernahm dabei die Bauaufsicht, wobei er vom SPF aus Rapperswil-Jona aus unterstützt wurde.
Bisher kam es vor, dass die Klinik häufig ohne Strom arbeiten musste. Nachts bedeutete das unter anderem: Ärzte hatten in manchen Nächten nur Smartphone-LEDs als Lichtquelle zur Verfügung, um Kinder auf die Welt zu bringen. Unterdessen ist die neue Energieversorgung installiert und in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober konnte das Team der Geburtsklinik erstmals mit zuverlässiger Stromversorgung und somit auch mit fliessendem Wasser arbeiten.

Breite Partnerschaft für Liberia

Seitens OST – Ostschweizer Fachhochschule engagieren sich diverse Studiengänge und Forschungsinstitute. Vor allem die Institute UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (Prof. Dr. Michael Burkhardt), SPF Institut für Solartechnik (Prof. Christof Biba) und IBU Institut für Bau und Umwelt (Prof. Felix Wenk), und die dazugehörigen Studiengänge von EEU Erneuerbare Energien und Umwelttechnik sowie Bauingenieurswesen. Das Netzwerk rund um Rapperswil-Jona, das sich für Entwicklungsprojekte in Liberia engagiert, unterstützt Felix Walz mit seiner BTFS Bowier Trust Foundation Switzerland massgeblich. Neben dem Rotary Club Oberer Zürichsee gehören dazu die Firma Frei & Krauter Ingenieure Rapperswil, die Wasserversorgung Rapperswil-Jona und das Bau-Unternehmen JMS Schmerikon.

Das Projekt Wasserkiosk für die Rock Hill Community in Liberia