Dementia Care im Akutspital: Empfehlungen für die Praxisentwicklung.

Immer mehr Spitäler führen spezialisierte Versorgungskonzepte für Menschen mit Demenz ein. Die Implementierung solcher Konzepte werden durch zahlreiche Barrieren, wie geringe Motivation, wenig Kompetenzen, starre Strukturen und unzureichende Personalausstattung und -qualifikation, gehemmt. In einem Forschungsprojekt thematisierten wir die Frage, wie in einem Akutspital eine qualitativ hochwertige Versorgung von Personen mit Demenz im Krankenhaus erfolgreich implementiert werden kann.

Wir erarbeiteten einen Praxisleitfaden mit konkreten Empfehlungen und Handlungsansätze, wie die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz im Akutspital verbessert werden kann. Er richtet sich an Führungspersonen und Mitarbeitende aus verschiedenen Berufsgruppen, die Veränderungen in ihrer Institution anstossen und umsetzen möchten.

Den ausführlichen Leitfaden gibt es in deutscher, französischer und italienischer Sprache zum Download.

Praxisleitfaden Dementia Care im Akutspital

Guide pratique Dementia Care dans les hôpitaux de soins aigus

Guida practica Dementia Care negli ospedali acuti

Methodik

In einer zweiteiligen qualitativen Studie führten wir zunächst Einzelinterviews und Fokusgruppen mit Personen aus dem deutschsprachigen Raum (n=14) durch, die über ihre Implementierungserfahrungen, die angewandten Strategien, Barrieren und Förderfaktoren, berichteten. Zudem wurden Lego® Series Play® Workshops mit Gesundheitsprofessionist*innen und Laien durchgeführt (n=22), um weitere Informationen in Hinblick auf die Überwindung der Barrieren zu sammeln.

Ergebnisse

Wir haben vier Kernaktivitäten identifiziert, die für eine erfolgreiche Entwicklung von Strukturen, Prozessen, Kompetenzen und Haltungen der Mitarbeitenden entscheidend sind: Vorbildsein, Überzeugen, Befähigen und Ermöglichen. Eine klare Vision, die von einer transformativen Führungsperson und einer multiprofessionellen Kerngruppe vertreten wird, ist von wesentlicher Bedeutung. Abbildung 1 zeigt ein im Rahmen eines Lego® Series Play® Workshops entstandenes Modell, das die zentrale Rolle einer transformativen Führungsperson und deren Unterstützung durch die multiprofessionelle Kerngruppe visualisiert.

Abbildung 1
Abbildung 1: Die transformative Führungsperson steht zuoberst und trägt die Vision (pinke Fahne). Getragen wird die Führungsperson von der multiprofessionellen Kerngruppe.

Um Führungskräfte aller Ebenen, Mitarbeitende und spitalexterne Stakeholder zu überzeugen, braucht es konsequente Lobbyarbeit und eine Attraktivierung von Dementia Care, z.B. durch Anreizsysteme. Zum Befähigen benötigt es das Vorleben personzentrierter Werte sowie die Entwicklung von Kompetenzen in formalen und informellen Lernangeboten. Bedeutsam ist dabei der Einsatz von Champions im klinischen Alltag. Um zu ermöglichen, müssen Ressourcen eingesetzt, Prozesse durchlässiger gestaltet und eine Kultur geschaffen werden, die Raum zum Ausprobieren geben. Eine teilnehmende Person am Lego® Series Play® Workshop visualisierte die durchlässigen Prozesse wie folgt:

Abbildung 2: Die Mauern zwischen der Person mit Demenz und deren Angehörigen (Mitte) sowie den Gesundheitsfachpersonen sind bewusst durchlässig gestaltet, um einerseits einen niederschwelligen Austausch zwischen allen Beteiligten zu fördern und andererseits Prozesse flexibel zu halten (rote Linien).

Zudem sollten fallführende Personen zur Koordination von Informationen, Personen und Prozessen eingesetzt werden. Die vier Kernaktivitäten beeinflussen sich gegenseitig und sollten iterativ angelegt sein.

Schlussfolgerungen

Die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Versorgung von Personen mit Demenz im Krankenhaus benötigt den Einbezug von Personen aus unterschiedlichen Professionen und Führungsebenen. Dabei ist es nicht nur notwendig ausgehend von einem Auftrag und einem Projektplan, zu informieren und zu schulen, sondern auch zu überzeugen und zu ermöglichen. Zentral scheinen dabei eine langfristige Perspektive und Beständigkeit zu sein.