Wie entwickelt man ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell?
Der Begriff „Geschäftsmodell“ (engl. Business Model) hat eine interessante Entwicklung durchlaufen. Erstmalig wurde er in den 1950er-Jahren von Peter Drucker verwendet, um die Logik eines Geschäfts bzw. Unternehmens zu beschreiben – allerdings noch unspezifisch und ohne klare konzeptionelle Grundlage. Erst über die folgenden Jahrzehnte gewann der Begriff an Schärfe und Bedeutung.
In den 1970er-Jahren fand der Begriff Eingang in die Wirtschaftsinformatik. Dort diente er zunächst der Modellierung von System- und Computerarchitekturen. Mit dem Aufkommen des Internets und der Entwicklung von E-Business in den 1990er-Jahren wurde das Geschäftsmodell zunehmend als Instrument zur Strukturierung und Gestaltung digitaler Geschäftsprozesse verstanden. Mitte der 1990er-Jahre verlagerte sich der Fokus auf organisationstheoretische Fragestellungen. Das Geschäftsmodell wurde genutzt, um die grundlegende Struktur und Funktionsweise eines Unternehmens zu beschreiben – mit dem Ziel, zentrale Abläufe besser zu verstehen und gezielt weiterzuentwickeln.
Ab den frühen 2000er-Jahren rückte das Geschäftsmodell zunehmend in den Fokus des strategischen Managements. Dieses zielt auf die langfristige Ausrichtung und Entwicklung eines Unternehmens ab – durch die Analyse von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken sollen nachhaltige Erfolgspotenziale gesichert werden. In diesem Zusammenhang wurde das Geschäftsmodell als Instrument zur strategischen Differenzierung und zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen genutzt. Mittlerweile gibt es für den Begriff Geschäftsmodell zahlreiche Definitionen und Begriffsabgrenzungen. Ein breiter Konsens besteht darin, dass ein Geschäftsmodell die Grundlogik eines Unternehmens oder Geschäftsbereichs abbildet. Es beschreibt, wie ein Geschäftskonzept in der Praxis funktioniert. Es zeigt auf, welche Zielgruppen angesprochen werden, welche Leistungen angeboten und wie diese erbracht werden. Darüber hinaus wird deutlich, welchen Mehrwert das Unternehmen für seine Kunden schafft und auf welche Weise daraus wirtschaftlicher Erfolg generiert wird.

Ein Geschäftsmodell umfasst damit weit mehr als nur Produkte oder Dienstleistungen. Es ist das strategische Fundament eines Unternehmens und spielt eine zentrale Rolle in Bereichen wie Strategieentwicklung, Technologie- und Innovationsmanagement, Produktentwicklung, Digitalisierung und Stakeholder-Kommunikation.
Aus welchen Bausteinen besteht ein Geschäftsmodell?
Ein Geschäftsmodell besteht aus mehreren miteinander verknüpften Bausteinen, die gemeinsam beschreiben, wie ein Unternehmen funktioniert und Kundennutzen schafft. Eine der bekanntesten Darstellungen ist das Business Model Canvas von Alexander Osterwalder mit neun zentralen Elementen. Diese Struktur bietet eine fundierte Grundlage, um Geschäftsmodelle zu analysieren, zu visualisieren und gezielt weiterzuentwickeln.

Welche Geschäftsmodell-Grundtypen gibt es?
Geschäftsmodell-Muster bezeichnen bewährte Strukturprinzipien, die in unterschiedlichen Branchen erfolgreich eingesetzt werden – oft angepasst an den jeweiligen Kontext und die spezifischen Kundenbedürfnisse. Sie dienen als wertvolle Orientierungshilfe und Inspirationsquelle bei der Entwicklung, Analyse und Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen. Durch die systematische Nutzung solcher Muster können Unternehmen Innovationspotenziale erschliessen und neue strategische Stossrichtungen für die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells entwickeln.
Zu den bekannten Geschäftsmodell-Mustern zählt das Plattformmodell (Two-sided Market), bei dem ein Unternehmen eine Infrastruktur bereitstellt, die Interaktionen und Transaktionen zwischen zwei oder mehreren Nutzergruppen ermöglicht – beispielsweise zwischen Anbietern und Nachfragern. Typische Beispiele hierfür sind digitale Marktplätze, App-Stores oder Vermittlungsplattformen im Gesundheitswesen. Ein weiteres weit verbreitetes Muster ist das Freemium-Modell, bei dem eine Basisversion eines Produkts oder einer Dienstleistung kostenlos angeboten wird, während erweiterte Funktionen oder Premium-Services kostenpflichtig sind. Dieses Modell findet sich besonders häufig im digitalen Bereich, etwa bei Softwarelösungen oder mobilen Anwendungen. Das sogenannte Razor-and-Blade-Modell basiert auf einem günstigen Einstiegsprodukt – wie etwa einem Rasierer oder Drucker – während die eigentliche Wertschöpfung über regelmässig benötigte Verbrauchsprodukte wie Klingen oder Tinte erfolgt. Ziel ist eine langfristige Kundenbindung und die Generierung wiederkehrender Umsätze. Beim Pay-per-Use-Modell erfolgt die Abrechnung auf Basis der tatsächlichen Nutzung, was sich besonders für ressourcenintensive oder selten genutzte Angebote eignet und eine bedarfsgerechte Inanspruchnahme fördert.

Wodurch wird ein Geschäftsmodell bedroht?
Geschäftsmodelle etablierter Unternehmen stehen heute unter zunehmendem Druck. Eine der zentralen Herausforderungen ist die wachsende Konkurrenz, die häufig mit steigendem Preisdruck und sinkenden Margen einhergeht. Gleichzeitig drängen junge Start-ups mit innovativen Geschäftskonzepten auf den Markt und stellen etablierte Anbieter infrage. Besonders kritisch sind disruptive Innovationen, die bestehende Produkte, Dienstleistungen oder sogar ganze Branchen ablösen können. Hinzu kommt die Entwicklung neuer Technologien – etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz –, die bestehende Geschäftsmodelle grundlegend verändern oder obsolet machen können. Unternehmen sind daher gefordert, ihre Geschäftsmodelle kontinuierlich zu hinterfragen und weiterzuentwickeln, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie entwickelt man ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell?
Die Entwicklung eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells erfolgt in mehreren Phasen, die systematisch aufeinander aufbauen. Zunächst gilt es, das bestehende Geschäftsmodell darzustellen und zu analysieren, um zentrale Wirkmechanismen, Stärken und Schwächen zu erkennen. Darauf aufbauend folgt die Phase der Innovation und Gestaltung, in der neue Ansätze entwickelt und bewertet werden. Abschliessend stehen die Umsetzung und Transformation, bei der das neue Modell in die Praxis überführt und verankert wird.
Für jede dieser Phasen stehen unterschiedliche Methoden und Werkzeuge zur Verfügung. Strukturierungsansätze wie das Business Model Canvas, Lean Canvas oder Platform Canvas helfen dabei, Geschäftsmodelle übersichtlich darzustellen. Instrumente wie das Value Proposition Canvas oder das Jobs-to-be-Done-Konzept unterstützen die Entwicklung kundenzentrierter Angebote. Strategische Werkzeuge wie die Value Curve oder Blue Ocean Strategy fördern die Identifikation von Innovationspotenzialen und Differenzierungsmöglichkeiten. Der Business Model Navigator bietet einen systematischen Ansatz zur Entwicklung neuer Ansätze und nutzt hierfür bereits bestehende Geschäftsmodell-Muster, die auf den eigenen Unternehmenskontext übertragen werden. Methoden wie Lean Startup und die Entwicklung eines Minimum Viable Product (MVP) ermöglichen es, neue Ideen schnell zu testen und iterativ weiterzuentwickeln.

Welche Stolpersteine gibt es bei der Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells?
Die Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells stellt insbesondere für etablierte Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Denn sie müssen einerseits ihr bestehendes Kerngeschäft weiterentwickeln und gleichzeitig neue, häufig digitale oder disruptive Geschäftsbereiche aufbauen. Dieser Spagat führt nicht selten zu Zielkonflikten, Spannungen und Reibungsverlusten.
Erforderlich sind dabei zwei strategische Perspektiven: Einerseits braucht es eine klare Ausrichtung für das bestehende Geschäftsmodell, um dessen Wettbewerbsfähigkeit zu sichern oder zu steigern. Andererseits muss eine Strategie für das neue Geschäftsmodell entwickelt werden, das zusätzliche Wachstum generieren und das Kerngeschäft sinnvoll ergänzen soll. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen zwischen beiden Modellen sorgfältig zu berücksichtigen – sowohl im Hinblick auf Synergien als auch auf Risiken wie Kannibalisierung oder interne Störungen.
Die gleichzeitige Führung und Weiterentwicklung dualer Geschäftsmodelle erfordert nicht nur strategische Klarheit, sondern auch organisatorische Flexibilität und ein hohes Mass an Veränderungsbereitschaft. Die Geschäftsmodell-Transformation ist daher nicht nur eine Frage der Konzeption, sondern auch der erfolgreichen Umsetzung in die Praxis.
Literatur (Auswahl):
Gassmann, O., Frankenberger, K., & Choudury, M. (2020). Geschäftsmodelle entwickeln: 55 innovative Konzepte mit dem St. Galler Business Model Navigator. Carl Hanser Verlag GmbH Co KG.
Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2011). Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Campus Verlag.
Ries, E. (2014). Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen. Redline Wirtschaft.
Wirtz, B. W. (2020). Business Model Management: Design – Instrumente – Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen. SpringerGabler.
