Wie wirkt sich die Branchenentwicklung auf Innovationen aus?

Das Konzept des Produktlebenszyklus zeigt, wie sich Umsatz, Gewinn und Cashflow eines Produkts in verschiedenen Phasen verändern: Einführungs-, Wachstums-, Reife- und Schrumpfungsphase. Jede Phase hat unterschiedliche Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Das Konzept kann auch auf Organisationen, Branchen oder Technologien angewendet werden. Der Branchenlebenszyklus beschreibt die Entwicklung einer gesamten Branche in Bezug auf Wachstum, Wettbewerb, Innovation und Profitabilität.

In der Einführungsphase sind Absatz und Marktdurchdringung niedrig, da die Produkte und Technologien neu sind. Die Produktionsmenge ist gering, und die Stückkosten sind hoch. In der Wachstumsphase steigt die Nachfrage, und die Marktdurchdringung beschleunigt sich. In der Reifephase verlangsamt sich das Wachstum, da der Markt zunehmend gesättigt ist. Mit neuen Ersatzprodukten beginnt die Schrumpfungsphase.

Ein weiterer Einflussfaktor für die Branchenentwicklung ist das technologische Wissen. In der Einführungsphase konkurrieren verschiedene Technologiealternativen um Marktakzeptanz. Der Wettbewerb basiert auf technologischer Differenzierung. Ein Beispiel ist die PC-Branche von 1978-1982, die von verschiedenen Speicher-, Display-, Betriebssystem- und Mikroprozessor-Architekturen geprägt war. Das Ergebnis ist oft eine Konvergenz zu einem dominanten Design (Grant, 2022). Das Konzept des dominanten Designs beschreibt eine Produktarchitektur, die von der Mehrheit der Branchen- und Marktakteure akzeptiert wird. Ein Beispiel ist die QWERTY-Tastatur, die trotz effizienterer Alternativen weit verbreitet ist.

Ein dominantes Design markiert einen kritischen Punkt in der Branchenentwicklung. Nach der Akzeptanz eines bestimmten Designs verlagern sich Innovationen von radikalen zu inkrementellen. Dies erhöht die Sicherheit und reduziert die Unsicherheit für Kunden und Hersteller, wodurch die Wachstumsphase der Branche eingeleitet wird. Prozessinnovationen werden wichtiger als Produktinnovationen, da Herstellung, Effizienz und Zuverlässigkeit im Vordergrund stehen. Sinkende Stückkosten führen zu einer raschen Marktdurchdringung (Abernathy & Utterback, 1978).

Abbildung 1: Innovationsarten im Zeitverlauf

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Abernathy & Utterback (1978)

Seit Ende der 1990er Jahre hat sich der Begriff Geschäftsmodell als Konzept und Instrument etabliert und wird in Praxis und Wissenschaft genutzt. Der Wettbewerb dreht sich heute zunehmend um das richtige Geschäftsmodell statt nur um Produkte oder Dienstleistungen. Ein innovatives Geschäftsmodell kann den Unterschied ausmachen und sowohl Alleinstellungs­merkmal als auch Wettbewerbsvorteil sein. Dabei werden einzelne oder alle Bestandteile so verändert, dass man von der üblichen Branchenlogik abweicht und neuen Kundennutzen schafft (Bachman & Jodlbauer, 2023).

In einem wissenschaftlichen Praxisprojekt untersuchten Master-Studierende der OST, welche Rolle innovative Geschäftsmodelle im zeitlichen Verlauf der Branchenentwicklung spielen. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Produktinnovationen in frühen Phasen dominieren und Prozessinnovationen in der Reifephase an Bedeutung gewinnen. Geschäftsmodellinnovationen hingegen können in verschiedenen Phasen entscheidende Wettbewerbsvorteile schaffen.

Literatur:

Abernathy, W.J. and Utterback, J.M. (1978). Patterns of industrial innovation, Technology Review, vol. 80, no. 7, pp. 40–47

Anliker, M., Berger, O., Honegger, G., Rimoli, D., Samardžija, N., Suvajac, S. (2024). Branchenentwicklung und Geschäftsmodellinnovation, WPP-Abschlussbericht, OST – Ostschweizer Fachhochschule

Bachmann, N., Jodlbauer, H. (2023). Iterative Business Model Innovation: A Conceptual Process Model and Tools for Incumbents, Journal of Business Research, vol. 168, 2023, 114177

Grant, R.M. (2022). Contemporary Strategy Analysis, Industry Evolution and Strategic Change, 11th Edition, pp. 173-200