«Machen, jetzt!»

Jung soll man gründen, Erfahrung helfe kaum, aber inspirierende Vorbilder – das sagen die Unternehmer Alan Frei und Tobias Reichmuth. Im Oktober referieren sie am WTT Young Leader Award über «New Business». Im Interview verraten sie, was es zum Unternehmertum braucht, warum sie aufgebaute Unternehmen verkauften – und wie man länger lebt.

Alan Frei und Tobias Reichmuth, was macht Ihr Gegenüber zum Unternehmer?

Frei: Tobias hat viele Ideen und setzt kompromisslos um.

Reichmuth: Alan ist optimistisch und gibt nie auf.

 

Wo unterscheiden Sie sich?

Frei: Ich gründete nur eine erfolgreiche Firma, bin weniger taff, kein guter Investor. Mich begeistert jede Idee.

Reichmuth: Projekte scheitern selten an der Idee, sondern am Unternehmer oder Team. Als Investor sinkt das Vorschussvertrauen mit der Zeit, Shareholder Agreements werden länger.

 

Alan Frei zelebriert das Scheitern, bei Tobias Reichmuth wird alles zu Gold – stimmt das?

Reichmuth: Jedes Startup macht Bauchlandungen, bis Erfolg kommt. Man muss adaptieren, durchhalten. Ich setzte wenig in den Sand, weil ich Risiken gut kalkuliere. Aber mir gelingt nicht alles. Ich zelebriere Niederlagen nicht, aber sie können befreiend sein – Schluss, abhaken! Ich kenne keine Unternehmer, die nur Erfolg hatten. Nur reden nicht alle davon. Alan ist die Antithese zu Donald Trump.

Frei: Scheitern bildet die Treppe zum Erfolg. Bei mir ist das so. Ich musste schon die Aufnahmeprüfung fürs Gymi machen. Früher störte es mich. Heute scheitere ich einfach schneller. Meine Vorträge dazu sind auch Psycho-Hygiene. Vor allem will ich Leuten die Angst nehmen: Schaut, was der Dildoverkäufer schafft! So funktioniert das Silicon Valley. Man geht hin, weil es andere dort schafften.

 

Mit Ihrem Online-Handel für Sexspielzeuge wurden Sie reich. Warum klappte es mit Amorana?

Frei: Ich war fokussiert. Unternehmerfreunde mahnten stets, ich solle mich nicht verzetteln. Ich dachte, vieles gleichzeitig zu tun, sei inspirierend. Falsch! Der Fluch von Unternehmern ist, dass wir überall Chancen sehen.

 

Ab wann wussten Sie, dass Sie Unternehmer werden?

Reichmuth: Meine Immobilienfirma kreierte ich mit sieben. Ich baute aus Karton einen Turm mit Brand «Reichmuth International» und ergänzte so meine Monopoly-Hotels. Eine Zeit lang war mir unklar: womit starten? Ich dachte, ich müsse der Erste und Einzige sein in einem Bereich. Das ist falsch. Der einfachste Weg wäre, in einem wachsenden Markt etwas zu kopieren. Das war dann aber nicht mein gewählter Weg. Ich fand Innovation immer anziehend.

Frei: Nach ersten Absagen auf Bewerbungen musste ich eben Unternehmer werden. Ich hatte immer eine Leidenschaft für Ideen. 2003 erlebte ich in China totale Aufbruchstimmung. Ich lernte, es keine braucht keine langen Businesspläne. Machen muss man.

 

Verhalten sich Hochschulen förderlich genug für Unternehmertypen?

Frei: Ich bin kein Fan davon, überall Unternehmertum ins Curriculum zu schreiben. Wesentlich sind buchhalterische Kompetenzen: Bilanz, Erfolgsrechnung, Cashflow – wann geht das Geld aus? Das muss man verstehen. Hilfreich ist, Erfolgsmodelle zu zeigen – Unternehmer mit Vorträgen in den Unterricht zu integrieren.

Reichmuth: Vorbilder sind wichtig, Team- und People-Skills auch. Welche Typen gibt es? Wie harmonieren sie? Wie muss man mit ihnen kommunizieren? Das sollte auch thematisiert werden.

 

Sie sind Vorbilder. Welche Botschaft haben Sie als Referenten am WTT Young Leader Award?

Frei: Keine Angst! Wenn’s nicht klappt, nehmen Euch Unternehmensberatungen gerne. Um Glück und Finanzen zu maximieren, gibt es nur eines: probieren!

Reichmuth: Die Schweiz hat ein soziales Netz. Kein glückloser Unternehmer endet auf der Strasse. Die Opportunitätskosten des Nicht-Gründens steigen aber jährlich. Wer Unternehmer oder Unternehmerin werden will, muss nicht erst in einer Bank Erfahrungen sammeln. Drum: Machen, jetzt!

 

Wie bekommt man eine Nase fürs richtige Thema zur richtigen Zeit?

Reichmuth: Klimawandel erlebte ich live auf einer Weltreise. Für die Finanzierung der Energiewende musste ich etwas tun und gründete Susi Partners. Das lief so gut, dass es mich als Unternehmer nicht mehr brauchte, sondern Manager. Das bin ich nicht, also übergab ich die Führung. Der richtige Zeitpunkt? Das ist instinktbasiert. Plötzlich begegnet einem ein Thema häufiger, das Potential ist da, dann heisst es: handeln. Mein aktuelles Thema mit Maximon ist Longevity, Langlebigkeit: Wie bleiben wir lange gesund? Die Wissenschaft machte gewaltige Fortschritte – der Zeitpunkt für Longevity-Investitionen ist da. Die Jugend verlängern interessiert mich – und wen’s auch tut, ist potentieller Kunde.

 

Offenbar sind Sie biologisch nur noch 38, obwohl chronologisch 44. Wie geht das?

Reichmuth: Man muss seine Genetik kennen. Bluttests zeigen: Wie geht es mir? DNA verrät zudem: Warum geht es mir so? Das macht Biolytica, von Maximon gründet. Wir führen Daten zusammen: vom Bluttest über die DNA bis zur Apple Watch. Mithilfe künstlicher Intelligenz zeigen wir, wie man sich typenspezifisch gesundheitlich verbessert. Ich habe genetisch bedingt Mühe, Vitamin B12 aufzunehmen. Darum ernähre ich mich nicht mehr vegan, aber sehr personalisiert. Dank neuer Ernährung nahm ich ab. Mein Wohlbefinden ist besser, Heuschnupfen und Entzündungswerte reduzierten sich.

 

Und wem Disziplin fehlt, schluckt Pillen? Aus Maximon entstand auch die Supplement-Herstellerin Avea.

Reichmuth: Im Voraus: Schlechte Ernährung lässt sich nicht mit Supplementen kompensieren, aber sie können enorm viel bewirken. Ich begann vor über einem Jahr mit NMN und einem sogenannten Booster von Avea. Es ist faszinierend. Eine biologische Verjüngung zeigen nicht nur meine Werte. Ich spüre mehr Energie. Trinke ich an einer Party über den Durst, reicht morgens eine kalte Dusche und ich bin da – wie zu Studentenzeiten.

 

Maximon ist nicht einfach eine Firma, sondern ein «Company Builder». Was machen Sie?

Reichmuth: Longevity ist ein Forschungsbereich. Forscher wissen oft nicht, wie man Firmen baut. Wir sind nicht nur Investoren, wir sind Mitgründer und Guides. Wir helfen mit personellen Ressourcen. Der Unternehmer übernimmt häufig die Position als Chief Science Officer, wir stellen für 6 bis 12 Monate «Maximon Venture Builder» als Produkt- oder Marketingchef zur Seite, damit Zeit bleibt, die richtigen Co-Founder zu finden. Wir kümmern uns auch ums Backoffice: Finanzen, Personalwesen, Informatik, Recht, Büroinfrastruktur. Und wir finanzieren mit bis zu 10 Millionen Franken. Das entlastet Unternehmer massiv. Fundraising ist supertaff und aufwendig für Erstgründer.

 

Alan Frei, warum haben Sie Ende 2022 Amorana verkauft?

Bei Multi-Brand-Stores zählen Skaleneffekte. Es brauchte einen Schritt. Die Lovehoney Group interessierte sich für uns. Sie bietet dasselbe wie wir in Grossbritannien, produziert aber rund 70 Prozent selbst. Dank eigenen Sexspielzeugen können wir uns bei Online-Händlern wie Galaxus anbinden. Viele beziehen einen Grossteil von Amorana. Seit Ende 2022 bin ich nicht mehr Dildoverkäufer ...

 

... sondern Profi-Curler. Erzählen Sie von Ihrer neusten Mission!

Nach Amorana war ich zu schwer. Ich brauchte für mich eine Geschichte, um abzunehmen. Darum will ich an die Olympiade – egal wie. Wir versuchen es als Curler für die Philippinen. Dafür rechnen wir uns Chancen aus.