Sprache

Demenz: Wenn Schreie nach Hilfe klingen

13.11.2025

Warum Menschen mit Demenz laut werden – und was Pflegende tun können, um sie besser zu verstehen.

Rund 950 Teilnehmende waren am Demenz-Kongress 2025 der OST – Ostschweizer Fachhochschule in den Olma Messen St.Gallen.
Prof. Steffen Heinrich, Co-Leiter des Kompetenzzentrums Demenz der OST, begrüsste die Teilnehmenden und stellte das Programm vor.
In verschiedenen Sessions erhielten die Teilnehmenden tiefere Einblicke in die Thematik «herausforderndes Verhalten bei Demenz».
Informationen und Austausch boten zahlreiche verschiedene Ausstellerinnen und Aussteller an ihren Ständen.

Wenn Verhalten zur Sprache wird

Ich bin gemeint. Dieses Gefühl kann für Menschen mit Demenz entscheidend sein. Denn wenn Worte fehlen, spricht der Körper: mit Rufen, Schreien oder Abwehr. Was oft als «herausforderndes Verhalten» erscheint, ist nicht selten ein stummer Hilferuf. Beim 11. St. Galler Demenz-Kongress, organisiert von der OST – Ostschweizer Fachhochschule und den Olma Messen St.Gallen, stand das Verstehen dieser Signale im Mittelpunkt. Rund 950 Teilnehmende diskutierten, wie Pflegende und Angehörige Menschen mit Demenz in belastenden Situationen besser begleiten können. «Wir sprechen heute nicht nur über das Verhalten von Menschen mit Demenz, sondern auch über ihre Bedürfnisse und Wünsche», sagte Prof. Steffen Heinrich, Co-Leiter des Kompetenzzentrums Demenz an der OST.
 

Detektivarbeit im Pflegealltag

Jürgen Georg vom Hogrefe Verlag beschrieb die Pflege als «Detektivarbeit»: Rufen und Schreien hätten eine Signalfunktion – oft als Reaktion auf Überforderung, Schmerzen oder Angst. Pflegende müssten sich fragen: Was will mir der Mensch damit sagen? «Ich muss in der Situation bleiben. Also darf ich nicht an mein pädagogisches, therapeutisches oder pflegerisches Ziel denken», so Georg. Diese Haltung verlangt viel. Denn wer mit herausforderndem Verhalten konfrontiert ist, muss Unsicherheit aushalten – ohne sofort eine Lösung parat zu haben. Doch genau hier beginnt das Verstehen: im Zuhören, Beobachten und Aushalten.
 

Beziehung als Schlüssel

Dr. Astrid Steinmetz, KoW®-Trainerin, zeigte in ihrem Referat, wie entscheidend Beziehung ist: «Beziehung zu suchen, ist keine Zeitverzögerung – sie ist Intervention und Prävention». Blickkontakt, Präsenz und Zugewandtheit vermitteln Sicherheit – auch ohne Worte. So wird Beziehung zur Brücke in Momenten der Überforderung. Menschen mit Demenz sind auf Mitmenschen angewiesen, die ihre Ausdrucksformen ernst nehmen. Der Demenz-Kongress 2025 hat gezeigt: Verstehen beginnt mit Haltung und mit dem Mut, lautem Verhalten mit leiser Aufmerksamkeit zu begegnen. Der 12. St. Galler Demenz-Kongress findet am 11. November 2026 statt.