Das Thema der diesjährigen Veranstaltung lautete Systemanalysen und neue Technologien für die Praxis von Power-to-X - den Auftakt der Veranstaltung machte der Verein der Wasserstoff-Produzenten mit einem Überblick über seine Aktivitäten:
Verein der H2 Produzenten Schweiz
Zu Beginn der Veranstaltung präsentierte Zoe Stadler, welche neu die Geschäftsführung des Vereins übernommen hatte, den Vereinszweck und die Zusammensetzung. So treffen sich im Verein diejenigen, welche selber Wasserstoffproduktionsanlagen in der Schweiz betreiben oder planen. Der Verein bezweckt die Förderung der Energiewende in der Schweiz indem er sich für die wirtschaftliche Produktion von grünem, CO2-emissionsfreiem Wasserstoff einsetzt. Insbesondere hat er einen Fokus auf die Förderung des lnformations- und Erfahrungsaustauschs zwischen der Energiebranche, den Behörden, Verbänden sowie Forschungsinstitutionen.
Im Sommer 2025 publizierte der Verein eine Übersicht über die kantonalen Aktivitäten im Bereich Wasserstoff, welche er in einer Umfrage ermittelte. Darin ist erkenntlich, dass ein Grossteil der Kantone das Potenzial von Wasserstoff erkennt. Die Resultate zeigen jedoch erhebliche Unterschiede in der Herangehensweise, in der strategischen Verankerung sowie in der operativen Umsetzung von Wasserstoffmassnahmen. Die Resultate der Umfrage verdeutlichen, dass viele Kantone bereit sind, konkrete Beiträge zu leisten (z.B. durch Förderung von Pilotprojekten, Unterstützung bei Infrastrukturvorhaben oder Durchführung von Studien). Gemäss Bericht brauche es jedoch eine gute Koordination, um Synergien zu nutzen, abgestimmte Planungsgrundlagen (z. B. überregionale H2-Infrastrukturkorridore), einheitliche Bewilligungsprozesse sowie transparente Förderkriterien.
Erneuerbare Gase in einer nachhaltigen Energieversorgung der Schweiz, Resultate aus dem Innosuisse Flagship DeCIRRA
Das im Jahr 2022 gestartete Innosuisse-Flagship-Projekt DeCIRRA (Decarbonization of Cities and Regions with Renewable Gases) neigt sich dem Ende und wird bald abgeschlossen. Tilman Schildhauer, leitender Wissenschaftler vom Paul Scherrer Institut (PSI), präsentierte erste Erkenntnisse daraus. Eine davon ist, dass es für die Energiewende individuelle Lösungen braucht, d.h. die richtige Ressource für die richtige Anwendung am richtigen Ort. Dabei sollen ortsgebundene Energiequellen wie Wärme und nasse Biomasse zuerst genutzt werden. Nicht ortsgebundene und speicherbare Energieträger (Holz, H2, Biomethan, Methanol, …) sollen für Energiedienstleistungen nutzen, die nicht einfach elektrifiziert werden können.
Die Gebäudewärme sollte idealerweise mit Wärmepumpen und Wärmenetzen zur Verfügung gestellt, und nur die Spitzenlast und Teile der Innenstädte mit Biomasse oder brennbaren Gasen gedeckt werden. Die Personenmobilität und der Gütertransport wird gemäss den Forschungsresultaten in der Schweiz grösstenteils elektrisch sein (batterie-elektrisch oder mit Wasserstoffbrennstoffzelle) und die Fliegerei mit erneuerbaren Treibstoffen (SAF). Die Schifffahrt wird viel diverser werden und jegliche Antriebsmöglichkeiten nutzen, auch je nach der zurückzulegenden Distanz und Grösse. Die Industrie wird zum Teil elektrifizieren können, und den Restbedarf über erneuerbare Gase, Methanol oder Holz decken können; oder einen Produktionsteil stilllegen oder ins Ausland verlagern.
In Bezug auf Power-to-X ist hervorzuheben, dass Sektorkopplung und saisonale Speicherung nötig sein werden, insbesondere als Wertschöpfung für sonst nicht nutzbaren Strom zwischen Frühling und Herbst. Dies wird notwendig sein, damit sich PV-Investitionen auch künftig rechnen.
Mit dem Bau eines Wasserstoffnetzes könnte sich die Schweizer Gasversorgung so entwickeln, dass in den einen Regionen nur noch ein Wasserstoff-Netz sein wird, und in anderen Regionen nur ein Methan-Netz. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Schweiz häufig nur eine Gaspipeline verlegt ist und keine parallelen Leitungen geführt werden. Das heisst, sofern nicht ein komplett neues Gasnetz verlegt würde, muss für jeden Abschnitt entschieden werden, ob dieser längerfristig Wasserstoff oder Methan führen wird. So könnte es sich entwickeln, dass im Raum Basel, Neuenburg und Zürich nur noch Wasserstoff zum Einsatz kommt, da der Anschluss an den European Hydrogen Backbone umsetzbar wäre. In den anderen Regionen würde das Methannetz bleiben und das verbleibende Biomassenutzungspotenzial nutzen.
Decision Support Platform im Kontext des Innosuisse Green Hub Projektes
Im Green Hub Projekt wird eine Demonstrationsanlage eines saisonalen Energiespeichers mit Methanol in Horgen entwickelt und gebaut. Im Arbeitspaket 3 des Projekts wird diese Demonstrationsanlage modelliert und simuliert. Das primäre Ziel ist die Entwicklung systemischer und innovativer Ansätze für die Produktion, Umwandlung, Speicherung (im Sommer-Winter-Zeitraum) und Management erneuerbarer Energien und Abfallströme.
Jaroslav Hemrle, Senior Expert bei der Kanadevia Inova AG, präsentierte die Modellierungsmethodik, welche sie auf bestehenden Tools von KVI aufbauen. Der Ursprung ihres Tools ist dabei die Simulation von Abfallströmen zu deren energetischen Verwertung in Kehrichtverbrennungsanlagen, was das Kerngeschäft von KVI ist («Waste-to-Energy»). Mit den Modellierungen im Green Hub Projekt können techno-ökonomische Analysen durchgeführt werden, zusätzlich sind auch ökonomische und soziale Aspekte integriert. Für die Modellierung verfügen sie über ein Inventar mit Energie- und Massenströme der verschiedenen Prozesse.
Im Green Hub Projekt wird die Modellierung einerseits eine konzeptionelle Simulation der Demonstrationsanlage in Horgen beinhalten, und andererseits ein Vergleich der Anwendung verschiedener Technologien (Methanol, Aluminium, thermische Speicherung) auf regionaler Ebene. Zusätzlich wird eine Lebenszyklusanalyse durchgeführt mit Fokus auf die CO2-Ströme.
Power-to-X im Versorgungsgebiet von Groupe E
Im Raum Freiburg betreibt Groupe E Elektrizitäts-, Fernwärme- und Gasnetze, und beschäftigen sich mit der künftigen Entwicklung davon. Florian Buchter, Leiter Innovation, Technologie und Lean Management von Groupe E, präsentierte eine Studie, in welcher sie gemeinsam mit der EPFL die Energiewende in der Agglomeration der Stadt Freiburg bewertet haben. Hierfür haben jedes Gebäude und Quartier modelliert, und zu einem regionalen Netz verbunden. So können Interaktionen zwischen Gebäuden und Energienetzen simuliert werden. Das Ziel war eine techno-ökonomische Optimierung, so dass mögliche Investitionsentscheide diskutiert werden können. Das Gesamtsystem wurde dabei auf TOTEX optimiert, das heisst auf die totalen Ausgaben (total expenditure), welche sich aus CAPEX und OPEX zusammensetzen. Mit den Simulationen gibt es eine riesige Zahl von Ergebnissen, welche sich je nach Gewichtung bzw. nach Optimierungsparametern unterscheiden.
Haupterkenntnisse aus den Untersuchungen sind, dass der Energiepreis der wichtigste Faktor ist und dass Wärmespeicher schneller wirtschaftlich werden als Power-to-X-Lösungen. Die Integration von saisonaler Speicherung und Sektorkopplung ermöglicht neben der Reduktion der CO2‑Emissionen auch eine grössere Unabhängigkeit von ausländischen Netzen sowie eine Reduktion der Tarifunsicherheit. Dabei sollen Speicherinvestitionen koordiniert mit dem PV-Ausbau erfolgen.
Liquid Hydrogen - Space is not the Limit
Die in der Raumfahrt tätige ArianeGroup nutzt Flüssigwasserstoff für die Antriebe. Elisabeth Loeffelholz von Colberg, Programme Manager Future Propulsion & Hydrogen bei ArianeGroup, wies darauf hin, dass flüssiger Wasserstoff grosse Vorteile aufweist, da er sehr leicht ist und eine hohe Energiedichte aufweist. Allerdings werden sehr tiefe Temperaturen benötigt, was die Betankung schwierig macht.
Ariane Group möchte ihr Knowhow im Wasserstoffbereich nutzen, um den Wasserstoff-Hochlauf im Schwerlasttransportsektor zu fördern. Vor dem Hintergrund, dass in der Schifffahrt jährlich 974 Tonnen CO2 ausgestossen werden, wurde das Horizon-Europe-Projekt NavHyS gestartet, welches zum Ziel hat, einen Flüssigwasserstoffspeicher sowie ein Antriebssystem für die Transportschifffahrt zu designen. Das Projekt hat im Jahr 2025 gestartet und läuft bis Ende 2027.
Speicherung und Verdichtung von Wasserstoff mit Metallhydriden
GRZ Technologies SA entwickelt Containerlösungen für die Wasserstoffspeicherung mittels Metallhydriden. Noris Gallandat, CEO von GRZ Technologies, nannte dabei zwei Gründe, warum Wasserstoff für die Energiespeicherung zentral sein wird: Wasserstoff ist der Brennstoff mit der höchsten gravimetrischen Energiedichte – dreimal so hoch wie die von Benzin. Und bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht nur Wasserdampf – kein CO2 oder andere schädliche Emissionen. Die grösste Herausforderung für den grossflächigen Einsatz von Wasserstoff liege jedoch in der Speicherung dieses Gases.
Deshalb entwickeln sie in ihrer Firma verschiedene Containerlösungen, in welchen Wasserstoff eingespeichert werden können. So können zum Beispiel in einem 20-Fuss-Container können bis zu 675 kg Wasserstoff gespeichert werden. Dass die Technologie funktioniert, zeigt ein 200 kg H2-Speicher, der in Bulle steht. Dieses System wurde u.a. wegen der Sicherheit und damit verbundenem kürzeren Bewilligungsverfahren gewählt.
Zudem haben sie in Bern ein Wasserstoffsystem für die Schnellbetankung von Elektro-Fahrzeugen gebaut, welches den Wasserstoff vor Ort produziert (5 kW AEM-Elektrolyse) und in einem Metallhydridsystem einspeichert (Speicherkapazität von 1 MWh). Die öffentliche Tankstelle verfügt über eine elektrische Outputleistung 100 kW und ist seit zwei Jahren in autonomem Betrieb.
Derzeit arbeiten sie einem neuen Wasserstoffverdichter, welcher die Abwärme aus der nahegelegenen Industrie nutzt und somit für die Kompression viel weniger Energie benötigt. Zudem haben sie eine Kleinwasserstofftankstelle für Gabelstapler entwickelt und arbeiten an einer Tankstelle für Busse und Lastwagen.
Reversible Hochtemperatur-Elektrolyse für die saisonale Energiespeicherung
Das Ziel des Projekts «24/7 ZEN» ist die Entwicklung, der Bau, die Erprobung und die Validierung einer reversiblen Hochtemperaturelektrolyse (rSOC), die 33 kW elektrische Energie in SOFC erzeugt und 100 kW elektrische Energie in Form von H2 im SOEC-Modus einspeist/speichert. Salvatore Oricchio, Fachbereichsleitung Power-to-X am IET Institut für Energietechnik, präsentierte den aktuellen Stand des EU-Projekts, in welchem derzeit das System in Spanien zusammengebaut und getestet wird. Danach wird es nach Griechenland verschifft und als Demoanlage dort aufgebaut und in den Demonstrationsbetrieb genommen. Der Wirkungsgrad sei dabei etwas mehr als 90 %, wenn nur die elektrische Energie und nicht die zugeführte Wärme eingerechnet wird. Die Übergangszeit zwischen den beiden Betriebsmodi SOFC und SOEC beträgt weniger als 30 Minuten. Bei einer erfolgreichen Umsetzung des Prototyps erhofft man sich eine CAPEX-Reduktion von rund 6'000 €/kW auf 3'500 €/kW bis 2030.

