Forschungsprojekt
Vertrauen trotz Ungewissheiten – die Rolle des Sicherheitsnachweises
Ungewissheit ist nicht gleichbedeutend mit Unwissenheit: Es handelt sich um unvollständiges Wissen, das es unmöglich macht, einen bestehenden Zustand oder ein zukünftiges Ergebnis genau zu beschreiben. Sofern die Ungewissheiten angemessen dargestellt, gehandhabt und kommuniziert werden, können Entscheidungen auch bei erheblicher Ungewissheit mit Zuversicht getroffen werden.
Es gibt viele Entscheidungen, die trotz Ungewissheit getroffen werden müssen. Das Verständnis der Ungewissheit (und, wenn möglich, ihre Quantifizierung) kann dabei helfen, die besten Entscheidungen zu treffen. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit den komplexen Ungewissheiten im Zusammenhang mit der geologischen Endlagerung von radioaktiven Abfällen. In diesem Kontext besteht deshalb auch ein enger Zusammenhang zwischen dem Umgang mit Ungewissheit und dem Sicherheitsnachweis. Wir haben diesen Zusammenhang in multidisziplinären Rahmenwerken untersucht und daraus Best-Practice-Lösungen abgeleitet.
Wir haben an der strategischen Studie „Uncertainty Management multi-Actor Network” (UMAN) teilgenommen, die im Rahmen des Europäischen Gemeinschaftsprogramms zur Entsorgung radioaktiver Abfälle (EURAD) initiiert wurde. Der Kontext waren Programme zur Entsorgung radioaktiver Abfälle für die oberflächennahe und geologische Endlagerung radioaktiver Abfälle. Wir haben uns vor allem darauf konzentriert, durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen ein gemeinsames Verständnis zwischen den verschiedenen Akteuren nationaler Entsorgungsprogramme hinsichtlich Strategien und Ansätzen für das Unsicherheitsmanagement zu entwickeln. Ein Teilprojekt widmete sich insbesondere der Entwicklung eines umfassenden Überblicks über verschiedene Ansätze und Optionen zum Unsicherheitsmanagement, um Risiken zu bewerten und, wo möglich und relevant, zu reduzieren und die Sicherheit zu optimieren. Es zeigte sich, dass ein gemeinsames Verständnis dessen, was Sicherheitsrelevanz für eine bestimmte Unsicherheit bedeutet, für ein angemessenes Unsicherheitsmanagement von grundlegender Bedeutung ist. Darüber hinaus entwickeln sich Unsicherheiten und damit ihre Sicherheitsrelevanz im Laufe des Entsorgungsprogramms weiter. Daher muss dieses gemeinsame Verständnis über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden. An jedem Meilenstein sind folgende relevante Fragen zu stellen und zu beantworten: Ist eine Unsicherheit sicherheitsrelevant und für die jeweilige Entscheidung von Bedeutung? Muss und kann sie reduziert oder vermieden werden, oder können ihre Folgen gemildert werden? Kann sie im Sicherheitsnachweis, der die jeweilige Entscheidung begleitet, entsprechend behandelt werden? Ein Ausblick auf weitere Schritte im Programm ist ebenfalls erforderlich.
Das Management von Unsicherheiten und die damit verbundene Kommunikation sind auch ein aktuelles Thema innerhalb der Nuclear Energy Agency (NEA) der OECD. Vor kurzem haben das Forum on Stakeholder Confidence (FSC) und die Integration Group for the Safety Case (IGSC) einen gemeinsamen Workshop mit Interessengruppen aus Deutschland, Schweden und der Schweiz veranstaltet, um die Herausforderungen bei der Vermittlung wissenschaftlicher Sicherheitsnachweise an nicht-technische Interessengruppen zu bewerten und Wege zu finden, wie dieses Wissen effektiv vermittelt werden kann, um das Vertrauen in die Sicherheitsnachweise zu stärken. Der Workshop bot auch die Gelegenheit, von lokalen Interessengruppen in der Schweiz und im Ausland zu lernen, wie das Vertrauen nicht-technischer Zielgruppen gefördert und deren Engagement im Prozess der Entwicklung von Endlagern gestärkt werden kann. Durch seine Rolle in der IGSC leistet Thomas Kämpfer einen wesentlichen Beitrag zu diesem Austausch und Arbeit. Er war Mitautor des zusammenfassenden Berichts des oben genannten Workshops.
Laufzeit: 01.01.2022 - 30.06.2024
Kooperation:
Nagra, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Wettingen, Schweiz
OECD Nuclear Energy Agency (NEA)

