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OpEEr – Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden durch Einzelraumtemperaturregelung

In der Schweiz kann laut SIA 384/1 bei Neubauten oder sehr gut sanierten Gebäuden mit Heizungsvorlauftemperaturen unter 30 °C auf eine Einzelraumregelung verzichtet werden. Begründet wird dies mit dem sogenannten „Selbstregeleffekt“, der dazu führt, dass bei Raumtemperaturen über dem Sollwert die Wärmeabgabe an den Raum automatisch verringert wird auf Grund der sinkenden Temperaturdifferenz zwischen Heizmedium und Raum. Laut den Mustervorschriften der Kantone (MuKEn 2014) wird jedoch mindestens eine Referenzraumregelung vorgeschrieben. Einige Kantone haben die Mustervorschriften übernommen, jedoch ist noch unklar bis wann die MuKEn flächendeckend in der ganzen Schweiz umgesetzt werden. Es stellt sich somit die Frage, ob und wieviel Energie mit einer Einzelraumregelung oder einer Referenzraumregelung gegenüber keiner Raumtemperaturregelung eingespart werden kann. Die Untersuchung und der Vergleich dieser drei Varianten der Raumtemperaturregelung leisten einen Beitrag für die Formulierung kantonaler Gesetzgebungen und Normenwerken. Zudem können die Ergebnisse hinsichtlich Komfort, Energieeinsparungen und Wirtschaftlichkeit für Planer und Bauherren hilfreich sein. In dieser Studie wurden die drei Varianten mittels dynamischen Simulationen miteinander verglichen. Als Objekt wurde ein dreistöckiges Referenz-Mehrfamilienhaus in Massivbauweise mit sechs Wohnungen und einem Heizwärmebedarf von 29 kWh/m² modelliert, welches dem aktuellen Baustandard für Neubauten (SIA 380/1:2016) entspricht. Dieses Objekt basiert auf Erfahrungen aus Projekten in welchen reale Gebäude im Detail ausgewertet wurden. Als Bewertungskriterien wurden der Komfort (operative Raumtemperatur), der Endenergieverbrauch des Heizsystems und für die Wirtschaftlichkeit der annuitätische Gewinn beigezogen. Als Heizsystem dient eine Erdsonden-Wärmepumpe mit einem Pufferspeicher. Das Modell entspricht somit einem typischen Neubau welcher für viele Standorte in der Schweiz Gültigkeit hat.

 

Die Auswertung zeigt, dass im Fall ohne Raumtemperaturregelung der elektrische Endenergieverbrauch für die Wärmepumpe um bis zu 3‘551 kWhₑₗ (+41%) höher ist als wenn eine Einzelraumregelung installiert ist. Dies ist darauf zurück zu führen, dass ohne Raumtemperaturregelung die operative Raumtemperatur deutlich höher ausfällt als eigentlich vom Nutzer gewollt. Die Simulationen zeigen, dass der Selbstregeleffekt den Wärmeeintrag nicht ausreichend reduziert.

 

Die Einzelraumregelung schneidet auch besser ab als die Referenzraumregelung, und dies sowohl in Bezug auf Komfort als auch im Endenergieverbrauch. Die Einzelraumregelung kann das gewünschte Temperaturband besser einhalten. Im Fall der Referenzraumregelung werden zum Beispiel in Eckräumen die gewünschten Raumtemperaturen nicht zu jeder Zeit eingehalten. Die Einzelraumregelung weist gegenüber der Referenzraumregelung Einsparungen zwischen 538 kWhₑₗ und 1‘413 kWhₑₗ (-14%) auf. Berücksichtigt man auch die ökonomischen Faktoren, so zeigt sich, dass sich die Einzelraumregelung unter Annahme von Zusatzkosten von etwa CHF 3‘300 pro Wohnung und einer Lebensdauer von 15 Jahren nicht amortisiert. Die Amortisationszeit beträgt im Untersuchten Fall mehr als 23 Jahre. Die Referenzraumregelung ist in allen untersuchten Fällen knapp wirtschaftlich im Vergleich zu keiner Raumtemperaturregelung.

 

Eine weitere Erkenntnis ist, dass der Wärmebedarf im Zwischengeschoss stark davon abhängt, mit welchen Solltemperaturen die Stockwerke darunter und darüber beheizt werden. Falls die Wohnungen oberhalb und unterhalt deutlich höher Raumtemperaturen aufweisen (+3 K), kann sich der Anteil am Gesamtwärmebedarf im Zwischengeschoss von 20% auf 1% reduzieren und das unabhängig von der Wahl der Raumregelung. Auch führt dies zu ungewollt hohen Temperaturen im Zwischengeschoss, falls darüber und darunter hohe Raumsolltemperaturen eingestellt sind. Dies kann dazu führen, dass die Bewohner häufiger Fensterlüften um Übertemperaturen zu verhindern, was wiederum den Heizwärmeverbrauch des gesamten Gebäudes erhöht. Hier empfehlen wir weitere Untersuchungen, da möglicherweise bei sehr gut gedämmten Häusern eine bessere Dämmung der Zwischendecke sinnvoll sein könnte. Eine gesetzliche Vorgabe an den maximalen U-Wert unter der Fussbodenheizung zur angrenzenden Wohnung (0.7 W/m²K, vgl. MuKEn 2014 Art. 1.42) gibt es in den meisten Kantonen nur, wenn der Einbau der Geräte für die „Verbrauchsabhängige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (VHKA)“ verlangt wird. Dabei ist zu beachten, dass nach der MuKEn 2014 die Abrechnung der Heizkosten bei Neubauten nicht mehr gefordert wird und somit auch der maximale U-Wert zwischen den Geschossen keinen energetischen Anforderungen mehr unterliegt.

 

 

Summary

 

In Switzerland, the standard SIA 384/1 does not require individual room temperature control for new buildings or very well refurbished buildings with space heat supply temperatures below 30 °C. This is justified by the so-called "self-control effect", which means that at room temperatures above the set point the heat input into the room is reduced due to the decreasing temperature difference between the hydronic heating system and the room. According to the new regulations of the cantons (MuKEn 2014), at least a reference room temperature control is prescribed. However, it is still unclear whether and when the individual cantons will adopt this regulation. For this reason, this study compared the three most common variants for room temperature control using dynamic simulations (reference room control, individual room control and no room temperature control). A three-stories reference apartment building in massive construction with six apartments was modelled, based on experience from projects in which real buildings were evaluated in detail. The building has a design heating demand of 29 kWh/m². The building thus corresponds to the current building standard in Switzerland. Evaluation criteria where comfort (operative room temperature), final energy consumption of the heating system and for the economic analysis the annuity profit. A geothermal heat pump with a buffer tank was assumed for the heat generation.

 

The evaluation shows that in the case without room control the final electricity consumption of the heat pump is up to 3’551 kWhₑₗ (+41%) higher than if individual room control is installed. This is due to the fact that without room temperature control, the operative room temperature is significantly higher than the user actually desires. The simulations show that the self-control effect cannot sufficiently reduce the heat input into the room.

 

Individual room control also performs better than reference room control in terms of comfort and final energy consumption. The individual room control can better maintain the desired temperature band. In the case of the reference room control, for example, the desired room temperatures are not maintained at all times in corner rooms. The individual room control shows savings between 538 kWhₑₗ and 1’413 kWhₑₗ (-14%) compared to the reference room control. If economic factors are also taken into account, it can be seen that the individual room control system does not amortize over the assumed service lifetime of 15 years, if additional costs of 3’300 CHF per apartment are assumed. The reference room control is in all examined cases just economical.

 

A further finding from the project is that the heat requirement in the floor between two other floors depends strongly on the temperatures with which the floors below and above are heated. Under certain circumstances, the ratio of the total heat requirement in the floor in the middle can be reduced from 20% to 3% and that regardless of the room control variant. This also leads to unintentionally high temperatures in the floor in between if high room set point temperatures are set above and below. This can result in residents ventilating by opening the windows more frequently to prevent excessive temperatures, which in turn increases the heating consumption of the entire building. We recommend further investigations concerning this subject, since a reduction of the legal maximum U-value (0.7 W/m²K) for floors could be advantageous for very well insulated houses.

Author:
I. Mojic, M. Haller, 2018
Publisher
SPF Institut für Solartechnik, Rapperswil
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