Forschungsprojekt

Alltagskunst als Innovations- und Integrationsfaktor in Unternehmen der Bodenseeregion – eine Illustration am Beispiel der Musik

Im geplanten Forschungsprojekt „Alltagskunst als Innovations- und Integrationsfaktor“ soll am Beispiel der Musik festgestellt werden, welche Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse der Kooperation zwischen Wirtschaftsunternehmen und Kunst bzw. Künstlern/innen in der Bodenseeregion existieren und wie sich die Kompetenzen von Musikern/innen in Unternehmen umsetzen bzw. nutzen lassen. Auf der Basis der Resultate soll ein Handbuch entwickelt werden, das sich an Unternehmen und Musiker/innen richtet. Das Handbuch soll zum einen aufzeigen, wie und auf welche Art und Weise von Unternehmen Musiker/innen zur Unterstützung von Innovations- und Integrationsprozessen und damit zur Unternehmensentwicklung eingesetzt werden können. Andererseits adressiert es Musiker/innen aus der Bodenseeregion und gibt Handlungsempfehlungen, welche Art von Unternehmen unter welchen Rahmenbedingungen und mittels welcher Kompetenzen als Auftraggeber in Frage kommt. Um aufzuzeigen, wie die Musik in die Unternehmensstrategie und/oder in die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit integriert werden kann, ist vorgesehen, für die am Projekt beteiligten Wirtschaftsunternehmen im Rahmen eines Pilotprojekts Workshops mit Unternehmen und Musikern/innen durchzuführen und einen konkreten Umsetzungsplan zu entwickeln. Dabei sollen neben dem integrativen Charakter der Musik im Sinne von Diversity insbesondere auch die von Musik ausgehenden innovativen Impulse für Unternehmen Beachtung finden.

Die Förderung von kulturellen Veranstaltungen ist in allen Ländern der Bodenseeregion im Trend. In der Schweiz ist die Migros Genossenschaft einer der Hauptsponsoren des bekannten Openair St.Gallen Festivals. Coop unterstützt Openair Kinoveranstaltungen und bei den Tennis Swiss In-doors treten Navyboot, Manor, Peugeot, Emirates und die Privatbank Sarasin als Hauptsponsoren auf. In Deutschland unterstützt beispielsweise die Würth Gruppe zahlreiche Projekte im Bereich Kunst und Kultur mit grossem finanziellem Engagement. Bei den Bregenzer Festspielen in Österreich ist neuerdings die BMW Group eine der Hauptsponsoren. Die Frage stellt sich, welche Gründe Unternehmen bewegen, teilweise grosse Summen für kulturelle Zwecke auszugeben.
In Wirtschaftsunternehmen ist meist von Kultursponsoring die Rede, wenn es darum geht, Kunst und Kultur zu fördern. Im Rahmen ihres Nachhaltigkeitsengagements gehen einige Firmen jedoch einen Schritt weiter. Unter dem Begriff „Corporate Cultural Responsibility“ (als Teil der Corporate Social Responsibility) wird eine über das Kerngeschäft hinausgehende Verantwortung des Unternehmens für Kultur verstanden, die in strategischen Konzepten und Massnahmen verankert ist. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kulturprozent der Migros. Dabei gibt die Genossenschaft einen bestimmten Teil des Gewinns für kulturelle Zwecke aus.
Kunst birgt jedoch auch enorme Potentiale, die von Unternehmen gewinnbringend genutzt werden können. Dies bestätigen Erfahrungen von Unternehmen, die Kunst und Künstler z.B. gezielt einsetzen, um die Unternehmenskommunikation zu verbessern, oder empirische Studien, die in den letzten Jahren zu diesem Thema durchgeführt wurden (vgl. z.B. Schmid 2009, Fenkart 2014). Neuere Studien besagen, dass durch sog. „Arts-based Learning“ insbesondere die Soft Skills positiv beeinflusst werden können; dies sind vor allem Kreativität, Vorstellungskraft, Risikoverhalten, Improvisation, Beobachtungsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Bewusstsein, Flexibilität und Energetisierung (Schiuma 2011). Die Möglichkeit, Kunst gezielt als Motor für wirtschaftliche Veränderungen zu begreifen und einzusetzen, erschafft eine Vielzahl von Anwendungsfeldern, in denen Kunst einen nachhaltigen Beitrag leisten kann. So fand etwa im Jahre 2010 in Dortmund im Rahmen der Aktivitäten zur Kulturhauptstadt ein interdisziplinäres Symposium zur Frage des Transfers von künstlerischen Denkprozessen und Methoden in ausserkünstlerische Felder zur Erkenntnisgewinnung statt. Dabei stand Kunst als Motor wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Prozesse im Zentrum der Betrachtungen. Das in St.Gallen beheimatete Atelier für Sonderaufgaben der Gebrüder Riklin demonstriert seit 2010 mit Projekten wie dem Null Stern Hotel oder der Insect Respect Kampagne die innovative Wirkung, die Kunst ausserhalb von Kunsthallen in sozialen und wirtschaftlichen Kontexten entfalten kann (http://www.insect-respect.org/respekt/ursprung.html). Umgekehrt kann auch die Initiative von den Künstler/innen ausgehen. Dabei ist die zentrale Frage, welche Art von Wirtschaftsunternehmen sich unter welchen Bedingungen zur Zusammenarbeit anbieten.
Die Bodenseeregion ist seit jeher als Innovationsregion bekannt, dies insbesondere auch deshalb, weil es stets überdurchschnittlich viel Migration gegeben hat. Man kann sie daher mit gutem Gewis-sen als Ort des Transfers bezeichnen. Kunst ist überdies prädestiniert, als Integrationsfaktor in der Gesellschaft im Allgemeinen und in Unternehmen im Besonderen zu fungieren. Künstler aus der Region treffen auf zugewanderte Künstler, wodurch ein reger Austausch stattfindet. Auch kann Kunst in allen Handlungsfeldern von Unternehmen innovativ wirken, so beispielsweise auch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowie dem Marketing oder Personalwesen. Diesen Aspekten soll im geplanten Projekt Rechnung getragen werden. Am Beispiel „Musik“ (stellvertretend für andere Formen der Kunst) soll aufgezeigt (und in Unternehmen demonstriert) werden, wie sie zur Integration, zur Produkt- und Dienstleistungsinnovation sowie übergreifend zur Unternehmensentwicklung beitragen kann.

Laufzeit: 01.01.2017 - 31.12.2017

Projektfinanzierung:

Wissenschaftsverbund Vierländerregion Bodensee EVTZmbH (ehem. IBH)

Kooperation:

Vorarlberger Landeskonservatorium

Zürcher Hochschule der Künste