Die Zukunft der Pflege gestalten

Medienmitteilung vom 29. Oktober 2021

Hervorragende Studienabschlüsse in einer schwierigen Zeit: 69 Bachelorabsolvierende und 19 Masterabsolvierende der Ostschweizer Fachhochschule feierten am 28. Oktober 2021 den erfolgreichen Abschluss ihres Pflegestudiums. Zahlreiche Glanzleistungen gab es zu würdigen. Sechs Diplomandinnen erhielten Auszeichnungen für ihre praxisrelevanten Forschungsarbeiten.

«Die Pflege hat in den letzten fünfzehn Jahren ein akademisches, professionelles Format bekommen. Evidenzbasierte Pflege ist keine Floskel mehr – sie ist Realität. Diese Realität gilt es jetzt zu leben. Dazu können Sie als Absolventinnen und Absolventen beitragen – und auch wir als Lehrende und Forschende», betonte Prof. Dr. Birgit Vosseler, Departementsleiterin Gesundheit, bei ihrer Begrüssung der Gäste. Sie würdigte die sehr guten Leistungen der Diplomandinnen und Diplomanden: «Ich bin beeindruckt. Sie haben in einer schwierigen Zeit studiert und Grossartiges geleistet. Wir als Departement Gesundheit sind stolz auf Sie!»

Birgit Vosseler hob hervor, dass die Berufswege in der Pflege vielfältiger geworden sind: «Arbeitsplätze haben sich verändert. Nicht nur durch neue Technologien, sondern vor allem durch den Wissensstand, den wir in der Pflege erarbeitet haben». Ein breites berufliches Spektrum steht den Absolventinnen und Absolventen nun offen: «Als hervorragend ausgebildete Pflegefachpersonen brauchen wir Sie in der Praxis. Sie haben das Rüstzeug, um die Herausforderungen im Beruf zu bewältigen». Mit Blick auf die Zukunft motivierte Birgit Vosseler alle Absolvierenden, eine einzigartige Chance zu ergreifen: «Sie können mit einem doppelten Kompetenzprofil arbeiten – in der Forschung und in der Praxis zugleich. Ergreifen Sie die Möglichkeit, durch ihre Forschung direkt etwas zu bewirken. Forschung ist nicht nur das, was im Buch oder in wissenschaftlichen Zeitschriften steht. Forschung ist das, was den Patienten zugutekommen sollte».

Entdecken und entwickeln

«Ich habe mich in meiner Bachelorthesis auf Neugeborene konzentriert, deren Mütter substanzabhängig sind. Der Fachbegriff dafür lautet 'Neonatales Abstinenzsyndrom'», berichtete Salome Nobs. Ihre Arbeit wurde mit der Bestnote prämiert – und ist ein Musterbeispiel praxisnaher Forschung. Pflegefachpersonen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits sorgen sie für Neugeborene mit starken Entzugssymptomen. Andererseits sind sie im Dialog mit Müttern in schwierigen Lebenssituationen. Häufig ist ein Trauma die tiefere Ursache für mütterliches Suchtverhalten. Mütter haben oft intensive Schuldgefühle ihrem Kind gegenüber. Fehlendes Wissen über traumabezogene Suchtursachen kann zur Stigmatisierung der Mütter führen. Pflegende berichten von einem Konflikt in Bezug auf ihre eigenen Werte: Mutterschaft und Substanzkonsum – wie passt das zusammen? Als Fachperson ist es jedoch wichtig, nicht zu werten und nicht zu verurteilen. Nur so kann eine unterstützende Beziehung zwischen Müttern, Kindern und Fachpersonen entstehen. Salome Nobs hat Empfehlungen für die Praxis entwickelt. Sie lenkte die Aufmerksamkeit auf Probleme, die innovative Lösungen erfordern.

Betroffenen eine Stimme geben

«Es ist nicht alles Gold, was glänzt – das war die Aussage eines Interviewpartners, der sich für eine zweite bariatrische Operation entschieden hat. Gewichtszunahme nach einer Magenbandoperation – das ist oft noch ein Tabu», erläuterte Milena Loepfe. Ihre Masterthesis wurde ebenfalls prämiert. Im Fokus steht das Thema Adipositas – und die Stigmatisierung durch die Gesellschaft. Selbst Fachpersonen im Gesundheitswesen zeigen Vorurteile. «50 Prozent der bariatrisch operierten Patienten erleben eine Gewichtszunahme. Manche wählen deshalb eine zweite OP, einen 'Revisionseingriff'. In meiner Arbeit habe ich die Übergangszeit zwischen der ersten und der zweiten OP untersucht». Betroffene erzählten, wie belastend das Stigma und die ungewollte Gewichtszunahme sind: «Ihr emotionales Selbstkonzept war erschüttert und ihr Leben ist aus dem Gleichgewicht geraten», so Milena Loepfe. Sie hat den Betroffenen eine Stimme gegeben – und Lösungsperspektiven für die Zukunft entwickelt. International gibt es bereits spezialisierte Pflegefachpersonen mit Fachexpertise auf diesem Gebiet: «Certified Bariatric Nurses».

Zeigen, was Pflege bewirken kann

Höhepunkt der Feier war die feierliche Übergabe der Diplome an die Absolventinnen und Absolventen. Anschliessend erfolgten weitere Preisverleihungen durch die Dr. Hans Altschüler-Stiftung sowie durch den Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen/-männer und durch die Stiftung Chirurgie. Zu den Preisträgerinnen zählte Beatrice Stössel für ihre Masterthesis zum Thema onkologische Wunden. Annina Cadruvi erhielt eine Auszeichnung für ihre Masterarbeit zum seltenen Krankheitsbild «Idiopathische Inflammatorische Myopathie». Auch Seraina Müller erhielt einen Preis. In ihrer Bachelorarbeit untersuchte sie, welche Folgen ein Schlaganfall für die Familie der betroffenen Person hat. Glückliche Preisträgerin war auch Janique Rickenbach. Sie untersuchte in ihrer Bachelorthesis, wie wichtig Bewegung für Menschen mit einer Myelom-Erkrankung ist.

«Noch nie war der Fokus auf die Pflege in der Gesellschaft so hoch», betonte Barbara Dätwyler-Weber, Präsidentin der SBK-Sektion St. Gallen, Thurgau und Appenzell Innerrhoden/Ausserrhoden, bei der Preisverleihung. «Was Pflege ist und was Pflege kann» – das haben die Absolventinnen mit ihren Forschungsarbeiten beispielhaft gezeigt. Für sie ist nun die Zeit gekommen, um die Pflege aktiv mitzugestalten.