«Ein Aufwand, aber auch eine Chance»

Medienmitteilung vom 16. März 2023

Nachhaltigkeit beruht auf der Verknüpfung von wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Wertschöpfung. Sie macht Unternehmen zukunftsfähig. Zu diesem Schluss kommt der «14. Unternehmensspiegel Appenzellerland» der OST – Ostschweizer Fachhochschule, der am Mittwochabend im Hotel zur Linde in Teufen stattfand.

OST-Professor Andreas Löhrer diskutiert mit Ueli Manser, Direktor der Appenzeller Kantonalbank, und den beiden Gewerbeverbands-Präsidenten Michael Koller (AI) und René Rohner (AR).

Es ist das Jahr 1886. Die Stadt St.Gallen braucht Trinkwasser. Sie will die Berndli-Quelle im Kanton Appenzell Innerrhoden kaufen und erschliessen. Doch das würde bedeuten, dass der Berndlibach, der das Gebiet zwischen Öhrli und Schäfler entwässert und im Lehmen in einem 34 Meter hohen Wasserfall hervortritt, trocken gelegt würde. Die Appenzeller sind erzürnt. 1888, in einer ad hoc einberufenen ausserordentlichen Landsgemeinde, erklären sie den Verkauf «ohne Rücksicht auf den Eigentümer als nichtig», wie der «Innerrhoder Geschichtsfreund» festhält. Diese Anekdote zeige, dass Nachhaltigkeit schon seit vielen Jahren im Bewusstsein der Appenzeller verankert sei, sagte Monika Rüegg Bless, Gesundheitsdirektorin des Kantons Appenzell Innerrhoden, in ihrer Begrüssungsrede am «14. Unternehmensspiegel Appenzellerland» im Hotel zur Linde in Teufen. «Nachhaltiges Handeln in der Gegenwart sichert die Zukunft», so die Regierungsrätin.

Nur jedes achte Unternehmen kennt seinen Footprint

Was es mit dieser Nachhaltigkeit auf sich hat, erklärte Stefan Nertinger, Professor am Institut für Strategie und Marketing an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. «Wert und Werte – ökologisch, gesellschaftlich sinnvoll und erfolgreich im Markt – das geht zusammen», so der OST-Professor. Gutes Management beachte diese Grundsätze der Nachhaltigkeit: «Nachhaltiges Management ist heute die ‹Eintrittskarte› zum Markt; es wird zu einem entscheidenden Kriterium bei der Vergabepraxis von Aufträgen». 54 Prozent der Schweizer KMU gäben bereits heute an, dass der schonende Umgang mit Ressourcen im Fokus ihrer Nachhaltigkeits-Strategie stehe, aber nur jedes achte Unternehmen kenne den eigenen Carbon-Footprint. An die Adresse der rund 150 anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer sagte Nertinger: «Wenn Energie- und Rohstoffpreise, Rohstoffverfügbarkeit und Fachkräftemangel Ihre grössten Risiken sind, dann sollten Sie über Nachhaltigkeit nicht nur nachdenken, dann sollten sie handeln.»

Wie Unternehmen Ressourcen sparen

Im Gespräch mit Andreas Löhrer, Professor am Institut für Finance und Law, diskutierten anschliessend drei Unternehmer über ihre Erfahrungen bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie. Das Unternehmen Enespa AG mit Sitz in Appenzell macht aus Abfall einen Rohstoff: «Jährlich entstehen europaweit Kunststoffabfälle in Höhe von rund 25,8 Millionen Tonnen. Wir haben ein Recyclingverfahren entwickelt, um aus gemischten Plastikabfällen hochwertiges Produktöl und Wasserstoff zu gewinnen», sagte Enespa-CEO Cyrill Hugi.

Das noch junge Unternehmen DSE systems AG aus Schänis verwendet für den Bau Fertig-Betonelemente und spart so viel Beton und Stahl – und viel Energie: «Wenn Bauingenieure 20 Prozent Material einsparen, dann sparen sie mehr Treibhausgasemissionen als 100 Personen, die auf’s Autofahren verzichten», so Patrick Bischof, Co-Geschäftsführer und Gründer der DSE systems AG.

Auch der Brauerei Locher ist die Nachhaltigkeit ein Kernanliegen: «Fakt ist, die immense Verschwendung von Reststoffen und Lebensmitteln trägt in hohem Masse zum Klimawandel und zur Ressourcenknappheit bei. Durch Upcycling, die Aufwertung von vorhandenen Stoffen in neue Produkte, wird der Bedarf an neu produzierten Rohmaterialien reduziert und damit Ressourcen geschont», sagte Aurèle Meyer, Geschäftsleiter der Brauerei Locher, am «Unternehmensspiegel Appenzellerland». Ein Beispiel dafür sei die Food-Upcycling-Marke brewbee, die aus den Brauerei-Nebenprodukten nachhaltige Lebensmittel wie Pizzas, Tschipps, Panettone, Trellini sowie Plant-based Fleischalternativen anbietet.

Gewerbeverbände wollen keine Vorschriften

Ist die Nachhaltigkeit also bei den Unternehmen im Appenzellerland angekommen? Ja und Nein, meinen René Rohner, Präsident des Gewerbeverbands Ausserrhoden, und Michael Koller, Präsident des Gewerbeverbandes Innerrhoden. Vor allem in der Bauwirtschaft sei das Bewusstsein gross, es werde viel mit Holz gearbeitet, was eine nachwachsende Ressource sei. Aber man könne noch viel mehr für eine nachhaltige Wirtschaft beitragen, sagten die beiden Verbandspräsidenten. Und einig waren sie sich dabei auch in der Frage, ob der Staat mehr Vorgaben machen müsse: «Wir haben schon genug Vorschriften und Bürokratie». Eine Meinung, die auch Ueli Manser, Direktor der Appenzeller Kantonalbank, teilte: «Wenn wir alle am gleichen Rädchen drehen, wenn jeder in seinem Betrieb modernste Technologie einsetzt, dann handeln wir im Sinne der Nachhaltigkeit. Es ist ein Aufwand, es ist aber auch eine Chance.»

Der nächste Unternehmensspiegel findet am 28. Februar 2024 in St.Gallen und am 13. März 2024 in Teufen statt.

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