6. Symposium Solarenergie und Wärmepumpen mit Fokusthema PVT

Medienmitteilung vom 5. November 2020

Das Corona-Jahr hat auch das jährlich vom SPF Institut für Solartechnik organisierte Symposium «Solarenergie und Wärmepumpen» vor neue Herausforderungen gestellt. Lange sah es so aus als könne es unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln vor Ort an der OST – Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil durchgeführt werden, musste dann aber kurzfristig doch noch in den virtuellen Raum verlegt werden – das Feedback der rund 100 Teilnehmenden fiel trotzdem positiv aus.

Die aktuelle Situation thematisierte auch Michel Haller, Leiter Forschung am SPF, in seiner Begrüssung und zeigte im Kontrast zum aktuell leeren Veranstaltungsraum einige Bilder der vollbesetzten Aula bei den Symposien der vergangenen Jahre. Dennoch wurde auch die diesjährige Veranstaltung mit über 100 Teilnehmenden sehr gut angenommen, Impressionen vom Online-Symposium finden Sie hier zum Download. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten den spannenden Referaten und haben die Fragemöglichkeiten sowie den Chat reichlich genutzt. Sicher musste im neuen Online-Format auf einige wichtige Dinge verzichtet werden. So hat leider der persönliche Austausch in den Pausen und beim Apéro gefehlt, und auch die sonst beliebte Begleitausstellung konnte nicht stattfinden. Zumindest teilweise konnte dies durch virtuelle Pausenräume ausgeglichen werden, in denen in kleinerer Runde mit den Referenten weiter diskutiert werden konnte.

Fokusthema Photovoltaisch-Thermische Kollektoren (PVT)

In das diesjährige Fokusthema PVT führte Jean-Christophe Hadorn ein. Als Operating Agent des Task 60 "Application of PVT Collectors and New Solutions in HVAC Systems" des Programms Solar Heating and Cooling der Internationalen Energieagentur hat er einen Überblick über die laufenden Arbeiten gegeben. Diese reichen von einer Übersicht über bereits existierende PVT-Systeme über die Charakterisierung der Performance, PVT-Modelle und Systemsimulation zu Empfehlungen für das Systemdesign oder Regelstrategien.
Im nächsten Referat von David Sauter von der ZHAW Wädenswil ging es konkret um ein Heizsystem mit nicht-abgedeckten PVT-Kollektoren als alleinige Wärmequelle für die Wärmepumpe. Das Ziel war die Entwicklung eines effizienten Systems, das einfach umsetzbar, grossflächig einsetzbar und wirtschaftlich ist. Als möglichst kostengünstigen PVT-Kollektor schlägt Sauter die Nachrüstung eines PV-Moduls mit einem angeklemmten Wärmetauscher vor. Laut Simulation werden so relativ niedrige Lebenszykluskosten des Gesamtsystems in der gleichen Grössenordnung wie mit Luft-Wasser-Wärmepumpen erreicht. Die Effizienz eines solchen PVT-Kollektors ist zwar geringer als bei heute üblichen PVT-Kollektoren, aufgrund von längeren Betriebszeiten sinkt die Jahresarbeitszahl aber nur geringfügig. Diese liegt in den meisten simulierten Fällen zwischen 3.0 und 3.7, so Sauter. Mit Hilfe einer hydraulischen Erweiterung kann über die PVT-Kollektoren im Sommer zusätzlich passiv gekühlt werden. Bei den betrachteten Steuerungsvarianten zeigt eine Nachtsperre der Wärmepumpe gute Resultate. Der Gesamtenergieverbrauch kann dadurch leicht gesenkt und der Eigenverbrauch deutlich erhöht werden. Bisher wurden ausschliesslich Simulationsstudien durchgeführt, der Praxistest steht für das System noch aus.

Abgedeckte PVT-Kollektoren

Neben den heute üblichen nicht abgedeckten PVT-Kollektoren eröffnen abgedeckte, respektive verglaste Kollektoren neue Anwendungen, da sie höhere Temperaturen erreichen. Ihr Potenzial erläuterte Daniel Zenhäusern vom SPF in seinem Vortrag. Allerdings stellen die höheren Temperaturen eine Herausforderung für die eingesetzten Materialien dar. Übliche PV-Module wären dafür nicht geeignet, weshalb ein Überhitzungsschutz deutliche Vorteile bringen würde. Für einen solchen Kollektor mit Überhitzungsschutz wurde ein neues Kollektormodell in Polysun entwickelt. Für ein typisches Mehrfamilienhaus mit Luft-Wasser Wärmepumpe stellte Zenhäusern die Simulationsresultate für eine Belegung der Dachfläche mit verschiedenen Kombinationen von PV, Flachkollektoren und PVT vor. Verglichen wurden der Energieertrag und der Austausch mit dem Stromnetz. Dabei schneidet eine Kombination von PVT und PV mit hohen Anteilen PVT am besten ab. Mit aktuellen typischen Preisen erreichen reine PV-Anlagen die niedrigsten Energiegestehungskosten, aber mit der aktuellen Förderung können auch Anlagen mit hohen PVT- oder Thermieanteilen wirtschaftlich sein.

Zertifizierung und Förderung sind schwierige Themen für PVT-Kollektoren

Nach der Pause ging es mit einem unterhaltsamen Vortrag zu dem eigentlich eher trockenen Thema der Zertifizierung von PVT Kollektoren weiter. Andreas Bohren, Leiter Testing am SPF, erläuterte, dass eine Zertifizierung von PVT-Kollektoren zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben sei, aber beispielsweise Voraussetzung für eine Förderung sein kann oder zum Nachweis des Stands der Technik und der Konformität helfen könne. Allerdings gibt es keine eigene Norm für PVT-Kollektoren, weshalb Bohren die Zertifizierung als "Tanz auf zwei Hochzeiten" bezeichnet: PVT-Kollektoren müssen sowohl nach den gültigen PV-Normen als auch nach der Solarthermienorm zertifiziert werden. Die thermische Norm umfasst im Gegensatz zu den PV-Normen auch explizit PVT und die Kollektoren können schliesslich mit Solar Keymark zertifiziert werden. Durch die doppelte Zertifizierung entstehen leider auch zweimal Kosten. Wird ein bereits zertifiziertes PV-Modul verwendet, fallen zusätzliche Prüfkosten von ca. 10-20 kCHF an, für die Zertifizierung von abgedeckten PVT-Kollekoren können sogar Kosten von 30-100 kCHF entstehen. So verwundert es nicht, dass es nach Bohrens Kenntnisstand bisher keine zertifizierten abgedeckten PVT-Kollektoren gibt. Für die Möglichkeit, bestehende PV-Anlagen mit Wärmetauschern nachzurüsten, gibt es bisher keine Zertifizierungslösungen. Aufgrund der Besonderheiten des harmonisierten Fördermodells der Kantone ist die Förderung für nicht abgedeckte PVT sehr gering, für abgedeckte wäre sie gut, wenn diese zertifiziert wären. So kommt Bohren zu dem Schluss, dass das Schweizer Fördersystem mit PVT überfordert sei und dringend angepasst werden müsse.

Über den Tellerrand: PVT-Forschung in Deutschland

Am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE wird bereits seit längerem und intensiv an PVT geforscht, und so stellte Korbinian Kramer gleich mehrere laufende Projekte vor. Zunächst berichtete er von zwei modellhaften Umsetzungen. Bei der ersten wird ein Quartier im Bestand mit einer Kombination von Wärmepumpen, PV und Blockheizkraftwerk ausgerüstet, wobei teilweise auch PVT als alleinige Wärmequelle der Wärmepumpe eingesetzt wird. Die zweite Umsetzung ist ein Plusenergie Verwaltungsgebäude in Freiburg, bei dem abgedeckte PVT-Kollektoren zum Einsatz kommen. Leider liegt der tatsächliche Wärmeertrag niedriger als erwartet, was aber nicht an den Kollektoren und deren Integration, sondern an einem "Planungsgap" liegt: Der Warmwasserbedarf ist fünfmal kleiner als in der Planung angenommen.
In einem weiteren Projekt geht es um die Entwicklung von wirtschaftlichen und effizienten PVT-Gesamtlösungen sowie um dafür geeignete PVT-Kollektoren. Neben der Betrachtung verschiedener Bereiche wie einer Anpassung des Kollektordesigns je nach Anwendung oder der Minimierung der Wärmeleitwiderstände unter Berücksichtigung der Herstellungskosten werden auch spezifische Tests für PVT-Kollektoren entwickelt. Zum Abschluss berichtete Kramer von einem neu gestarteten Projekt zur Marktetablierung von PVT-Kollektoren und Systemen. In diesem breit angelegten Projekt sollen neben einer Anlagenübersicht und Massnahmen zur Standardisierung des Monitorings auch Marketingmaterial für Handwerker, Architekten und Planer sowie Private erstellt werden.

Umsetzungen in der Praxis zeigen: PVT funktioniert

Im dritten und letzten Teil der Veranstaltung kamen nach den wissenschaftlichen Beiträgen noch zwei Praktiker zu Wort. Zunächst berichtete Marc Bätschmann von der BS2 AG von seinen Erfahrungen mit PVT-Kollektoren in Wärmepumpensystemen in verschiedenen Umsetzungen und hatte einige Tipps aus der Praxis parat. Bätschmann legte Wert auf architektonisch gut integrierte Anlagen. Diese reichten von massgeschneiderten, sehr aufwändigen Installationen bis zu einem System mit vorgefertigten Dachelementen, die aber dennoch eine individuelle Anpassung von Geometrie und Deckung mit unterschiedlichen PV-Modulen erlauben. Dies vereinfacht Planung und Montage erheblich und hat für den Bauherrn den Vorteil, alle Leistungen und Garantien aus einer Hand zu erhalten. Bätschmanns Fazit ist, dass PVT-Anlagen funktionieren, aber sorgfältiger Planung bedürfen. Eine Aneinanderreihung von PVT und Wärmepumpe sei keine Anlagenplanung. PVT sollte bereits möglichst frühzeitig in die Gebäudeplanung einbezogen werden.
Im letzten Vortrag stellte Michael Geissbühler von der PVT Solar AG die Entwicklung eines PVT-Kollektors bis zur Umsetzung erster Anlagen vor. Bei der Entwicklung setzte er auf einen vollflächig durchströmten Absorber und serielle Verrohrung. Es werden rahmenlose Glas-Glas Module eingesetzt und zur Montage ein Einhängesystem gewählt. Aber nicht nur der PVT-Kollektor, sondern das Gesamtsystem sei entscheidend. Dabei setzt er vor allem auf PVT-Systeme mit Eisspeicher und Wärmepumpe, wobei als Faustregel für die Dimensionierung 1 m3 Eisspeicher und 1 m2 PVT-Fläche pro 10 m2 Energiebezugsfläche gelte. Geissbühler zeigte auf, dass bei grossen Anlagen über 1'000 m2 die Energiegestehungskosten bei Systemen mit PVT, Eisspeicher und Wärmepumpe niedriger liegen als bei Luft-Wasser Wärmepumpen.

Termin für 2021 steht

Auch im nächsten Jahr soll wieder ein Symposium Solarenergie und Wärmepumpen stattfinden, wofür bereits das neue Datum verkündet wurde: Donnerstag, 28. Oktober 2021. Dieses wird hoffentlich wieder vor Ort an der OST in Rapperswil-Jona stattfinden können.

Korbinian Kramer stellt den online Teilnehmenden PVT-Projekte am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme vor.
Korbinian Kramer stellt den online Teilnehmenden PVT-Projekte am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme vor.
Fragen an die Referenten konnten sowohl mündlich als auch im Chat gestellt werden.
Fragen an die Referenten konnten sowohl mündlich als auch im Chat gestellt werden.
Gespräche in kleinerer Runde mit den Referenten waren in den Pausen und im Anschluss an die Veranstaltung möglich.
Gespräche in kleinerer Runde mit den Referenten waren in den Pausen und im Anschluss an die Veranstaltung möglich.