Mehr Diversität im Verwaltungsrat

Medienmitteilung vom 9. Mai 2022

Diversität ist bei der Besetzung von Verwaltungsräten ein wichtiges Thema. Eine Studie der OST – Ostschweizer Fachhochschule zeigt, dass die Diversität nach Branche, Geschlecht und Alter als wichtiges Qualitätssicherungsinstrument gilt. Weiter zeigt die Studie, dass die privaten Netzwerke ein höheres Vertrauen geniessen als die professionellen Netzwerke bei der Rekrutierung von neuen VR-Mitgliedern.

An der Vergabe von Verwaltungsratsmandaten (VR) ist in der Regel ein ausgewählter, kleiner Kreis von Personen beteiligt. Um die Nachhaltigkeit für ein Unternehmen zu sichern, ist die Zusammensetzung der Gremien von entscheidender Bedeutung. Studien aus verschiedensten Disziplinen wie Management, Psychologie oder Kommunikation zeigen, dass eine diversifizierte Gremienzusammensetzung die erfolgreichste Variante darstellt. Dabei geht es nicht nur um Genderdiversität, sondern auch um Alters- und Kompetenzdiversität.

Ein Projektteam der OST – Ostschweizer Fachhochschule unter der Leitung von Prof. Dr. Sibylle Olbert-Bock hat nun untersucht, wie Unternehmer bei der Besetzung von VR-Mandaten vorgehen und welche Schwierigkeiten ihnen dabei im Wege stehen. Da sich die Befragung direkt an Unternehmen unterschiedlicher Grösse richtete, kamen für die Zielgruppe einerseits die Firmeneigentümer in Frage, aber auch die Mitglieder bzw. Präsidien der Verwaltungsräte. CEOs wurden ebenfalls angesprochen, da diese in engem Austausch mit ihrem Verwaltungsratsgremium stehen. Das Projekt «Frauen in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen mittelgrosser Unternehmen: Eine nachhaltige Förderung» wurde vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) gefördert.

Diversität bekommt hohe Priorität

Die Ergebnisse der Befragung zeigen deutlich, dass die Unternehmer tatsächlich die Diversität des Gremiums als sehr wichtig einschätzen. Die Diversität nach Branche, Geschlecht und Alter stellt sich in der Befragung als am häufigsten genanntes Qualitätssicherungsinstrument heraus. Doch wie schätzen die Befragten den eigenen Verwaltungsrat ein? Die Hälfte der Studienteilnehmenden erachtet den eigenen Verwaltungsrat als einigermassen divers. Ein deutlich geringerer Anteil von knapp 18 Prozent bezeichnet ihn als divers bzw. sehr divers. Fast ein Drittel (30 Prozent) spricht hingegen von kaum oder gar nicht vorhandener Diversität. Diversität scheint ein eher wichtiger Aspekt, was unterstrichen wird bei den Kriterien: «unterschiedlichen Charaktere», «Haltungen», «Einstellungen» und «Normen». Etwas weniger wichtig, aber dennoch mit einer gewissen Bedeutung für die Befragten sind die Kriterien «ähnlichen Haltungen», «Einstellungen» und «Normen» der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder einzustufen. Das Verständnis zu Diversität wird an erster Stelle dem unterschiedlichen Hintergrund und Fachkenntnissen zugeschrieben. Unterschiedliche Geschlechter und unterschiedliches Alter liegen etwas zurück – und weisen damit einen Wert zwischen neutral und eher starker Zuschreibung zu Diversität. Hier zeigt sich eine gewisse Zurückhaltung bei den Befragten, denn dieser Wert ist durchaus weit entfernt von einer sehr starken Zuschreibung zu Diversität.

Privates Netzwerk kommt vor dem professionellen

Die Befragten vergaben in der Studie unter den angegebenen Beschaffungsmöglichkeiten drei Prioritäten. Die Auswertung in der untenstehenden Abbildung zeigt klar, dass die drei Prioritäten mit grossem Abstand für das professionelle wie auch das private Netzwerk gesetzt wurden.

Beschaffungswege zur Besetzung eines Verwaltungsratsmandates.

Dem privaten Netzwerk wird dabei mehr Beachtung geschenkt (über die Hälfte stuft es als Priorität 1 ein), während das professionelle Netzwerk mit über der Hälfte auf Priorität 2 steht. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Mehrheit zuerst das private und in einem zweiten Schritt das professionelle Netzwerk angeht, wenn ein VR-Mandat neu zu besetzen ist. Zwar liegen die Familienmitglieder mit grossem Abstand auf Platz 4, auffällig ist aber, dass der Grossteil davon als Priorität 1 vergeben wurde und dabei einen höheren Wert erreicht als die Priorität 1 beim professionellen Netzwerk. Zählt man die Familienmitglieder ebenfalls zum privaten Netzwerk, verstärkt sich dessen Bedeutung noch weiter.

Beschaffungswege zur Besetzung eines Verwaltungsratsmandates.

An dritter Stelle folgt erst ein Beschaffungsweg unter Zuhilfenahme externer Quellen: Berater und Executive-Search-Unternehmen werden bereits deutlich weniger oft in Anspruch genommen wie das private und professionelle Netzwerk. Möglicherweise dient diese kostenintensive Besetzungsmöglichkeit nachrangig in solchen Fällen, wo das private und berufliche Netzwerk nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen oder es wird für Fälle genutzt, in denen sehr spezifische Fähigkeiten für eine Besetzung als Kriterium festgelegt sind.

Alle anderen Beschaffungswege werden hingegen nur marginal priorisiert. Dies bestätigt das allgemein bekannte Bild, dass hauptsächlich das persönliche Netzwerk den Weg in ein Mandat ebnen kann.

OST-Event über Genderdiversität in Verwaltungsräten

Die Bedeutung der privaten und professionellen Netzwerke ist somit erheblich. Um das eigene Netzwerk zu erweitern und mit möglichen neuen KandidatInnen in einen ersten Kontakt zu kommen, veranstaltet die OST – Ostschweizer Fachhochschule am 21. Juni 2022 einen Event unter dem Motto «Mehr Frauen ins Netz – Wie mittelgrosse Unternehmen Frauen für ihr Top Management gewinnen» zum Thema Förderung der Genderdiversität in Verwaltungsräten mittelständischer Unternehmen in der Schweiz. Willkommen sind alle interessierten Unternehmen, Frauen und Männer mit Ambitionen auf Top-Positionen sowie Berater, Experten und im Speziellen die Projektteilnehmerinnen. Der Anlass findet um 14 Uhr im BMW Group Brand Experience Center in Dielsdorf (ZH) statt. Projektleiterin Sibylle Olbert-Bock (IOL-OST) stellt mit verschiedenen ReferentInnen Umsetzungsperspektiven zur Förderung der Zugänglichkeit zu Frauen und Top Management vor. Als ReferentInnen mit dabei sind Silvia Coiro(schillingpartners), Dominique Faesch(Cercle Suisse des Administratrices), Prisca Hafner(V-ZUG Holding AG), Roger Nellen (Nellen & Partner) sowie Dominic Lüthi (VRMandat.com) und Astrid Ottiger (RONDO Burgdorf AG). Weitere Informationen: https://www.ost.ch/de/event/wie-mittelgrosse-unternehmen-frauen-fuer-ihr-top-management-gewinnen

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