Resilienz als Schlüsselkompetenz: Herausforderungen meistern in einer sich wandelnden Welt

Medienmitteilung vom 17. November 2023

Die heutige Welt steht vor vielfältigen Herausforderungen. Von globalen Krisen bis hin zu persönlichem und beruflichem Stress. Die Innovationstagung vom 15. November 2023 an der OST – Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil-Jona widmete sich dem zentralen Thema der Resilienz. Also der Fähigkeit, während Krisen und nach Rückschlägen widerstandsfähig zu bleiben, wieder aufzustehen und weiterzumachen – als Mensch, Organisation oder Staat. Vier Referenten beleuchteten in ihren Vorträgen vor rund 180 Teilnehmenden Wege, wie Individuen, Unternehmen und sogar ganze Ökosysteme wie der Bodensee resilienter werden können.

Mario Grossenbacher vermittelt den rund 180 Teilnehmenden der Innovationstagung einfach anwendbare Resilienz-Übungen.
Piet Spaak berichtet über die Resilienz von Ökosystemen gegen klimatische Bedingungen und invasive Arten am Beispiel des Bodensees.
Luc Schnurrenberger erklärt, wie sich die Schweiz als Staat resilienter gegenüber globalen Rahmenbedingungen aufstellen kann.

Stressfaktoren gibt es heutzutage genug. Sei es der Klimawandel, die kürzlich erst überstandene Coronapandemie, globales Kräftemessen zwischen Staaten oder wirtschaftliche Unsicherheiten. «Der Begriff Resilienz hat in diesem Kontext an Bedeutung gewonnen», führte Alex Simeon, Stabschef der OST, ein. Mario Grossenbacher, Mitgründer des Resilienz Zentrums Schweiz, stieg anschliessend erst einmal weitab von globalen Herausforderungen ins Thema Resilienz ein. Er betonte stattdessen, dass Resilienz nicht nur auf globale Krisen abzielt, sondern für jeden Einzelnen von Nutzen sein kann. Er präsentiert sieben Faktoren der persönlichen Resilienz, darunter Kreativität, Selbstverantwortung und Lösungsorientierung und räumte mit einem verbreiteten Missverständnis auf: Bei Resilienz gehe es «nicht um Widerstandskraft, bis man bricht», sondern darum, «beweglich, flexibel und optimistisch» auf alle Herausforderungen reagieren zu können, die einem Privat- und Berufsleben und die Welt so vor die Füsse wirft.

Ökosysteme unter Druck: Resilienz am Beispiel des Bodensees

In eine ganz andere Richtung entführte Dr. Piet Spaak von der Eawag in Dübendorf das Publikum. Er berichtet über die Forschung am Bodensee, die den Einfluss verschiedener Stressfaktoren auf das Ökosystem und dessen Resilienz gegen Klimawandel, invasive Arten und die Nutzung durch den Menschen untersucht hat. Phosphorveränderungen, invasive Arten wie die Quaggamuschel und der Klimawandel setzen dem Bodensee zu. Die Resilienz einiger Organismen überrascht, aber die Herausforderungen sind tiefgreifend – das zeigt sich laut Spaak etwa im Extrem an den in wenigen Jahren massiv reduzierten Fangquoten für Felchen, die gegen Bedrohungen wie die sich rasend im See vermehrende Quaggamuschel und Stichlinge den Kürzeren zieht. Die Lehre: Der Schutz vor invasiven Arten ist eine menschliche Aufgabe, denn meistens ist er es, der fremde Arten in Ökosysteme einbringt, wo diese keine natürlichen Feinde haben. Die dadurch sinkende Biodiversität schwächt die Resilienz von Ökosystemen wie dem Bodensee. Oder wie es Spaak ausdrückt: «Wenn Sie unbedingt in zwei Seen segeln wollen, kaufen Sie zwei Boote – oder reinigen Sie es zumindest sehr gut, bevor sie es zu Wasser lassen».

Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz: Resilienz für Organisationen

Scherrer Stephan von seiner gleichnamigen Coachingfirma beleuchtete die Bedeutung der psychologischen Sicherheit am Arbeitsplatz. Resiliente Mitarbeitende sind gesünder und produktiver – damit sie resilient sind, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Eine offene Fehlerkultur und Vertrauen sind entscheidend für die Entwicklung von Hochleistungsteams, «nicht das WER arbeitet entscheidet, sondern das WIE arbeiten wir zusammen», so Scherrer. Psychologische Sicherheit ermöglicht es Teams, harte Diskussionen zu führen, Fehler zuzugeben und gemeinsam Innovationen anzugehen oder Fehler zu beheben, bevor sie Schaden anrichten. Ohne diese Sicherheit erstarren Mitarbeiter und greifen auf veraltete Strategien zurück, die den Herausforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gewachsen sind.

Systemische Resilienz in der Wirtschaft: Die Schweiz im globalen Kontext

Luc Schnurrenberger von economiesuisse widmet sich abschliessend der wirtschaftspolitischen Perspektive der Resilienz. In Zeiten von Krisen wie der Corona-Pandemie wird die Diskussion über die Güterversorgung neu entfacht. Forderungen nach Autarkie sind zu hören, aber Schnurrenberger warnt vor einer Entkopplung der Schweizer Wirtschaft vom globalen Handel. «Resilienz bedeutet nicht Risikovermeidung», sondern die Bereitschaft, sinnvolle Risiken mit guten Chancen für nachhaltige Gewinne einzugehen. Die Rückverlagerung von Endproduktion in der Industrie etwa, verlagere häufig nur das Problem, statt es zu lösen – denn importierte Rohstoffe und Zwischenprodukte aus dem Ausland sind für die Industrie auch nach einer Rückverlagerung in die Schweiz eine Voraussetzung für ein funktionierendes Geschäft.

Die Innovationstagung hat deutlich gemacht, dass Resilienz mehr ist als nur ein Schlagwort. Von individueller psychologischer Sicherheit über die Resilienz von Ökosystemen bis hin zur systemischen Resilienz der Wirtschaft und ganzer Staaten reicht ihr Anwendungsbereich. Die Herausforderung besteht darin, die Erkenntnisse der Resilienzforschung in die Praxis umzusetzen und die Resilienz als stetigen Lernprozess zu begreifen. In einer Welt, die von Unsicherheiten geprägt ist, wird Resilienz zu einer Schlüsselkompetenz, auch um Herausforderungen zu meistern, die heute noch gar nicht erwartet werden.

Die Innovationstagung «Resilienz» war die letzte Tagung in diesem Jahr an der OST in Rapperswil-Jona. Das Programm für 2024 wird, sobald verfügbar, hier online aufgeschaltet.