Chemische Energieträger erhöhen Versorgungssicherheit

Untersuchungen des Bundes zeigen, dass die Versorgungssicherheit mit Strom ab 2025 gefährdet ist weil die Schweiz mit der EU kein Stromabkommen hat.

Chemische Energieträger können eine wichtige Rolle übernehmen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen, indem Energie saisonal gespeichert werden kann. Der Vorteil liegt in den sehr geringen Speicherkosten, der Nachteil in den Umwandlungsverlusten. Das IET zeigt diese Vor- und Nachteile anhand eines Beispiels in einer Tabelle.

Der Bundesrat nahm am 13. Oktober 2021 die Resultate von zwei Studien zur Kenntnis, die er bei Swissgrid und der ElCom sowie bei Frontier Economics in Auftrag gegeben hatte. Die zweite Studie kommt zum Schluss, dass im schlechtesten Fall, wenn die Schweiz mit der EU im Stromsektor nicht zusammenarbeitet, ab dem Jahr 2025 jeweils im März Stommangellagen mit möglichen Stromausfällen von 47 Stunden möglich sind. Diese hätten grosse volkswirtschaftliche Schäden zur Folge. Auf Basis dieser Berichte lässt der Bundesrat Massnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit der Schweiz prüfen.

Die Schweiz muss deutlich mehr erneuerbare Elektrizität erzeugen als heute und Wege finden, die kritische Zeit im Winter sicher zu überbrücken. Da Strom nur sehr schlecht speicherbar ist, können hier als Ergänzung zu den Stauseen die chemischen Energieträger eine Rolle übernehmen: Wasserstoff, Methan und Methanol.

Am Beispiel des Personenwagens kann man die Vor- und Nachteile verschiedener Energieträger darstellen: Die Tabelle unten zeigt Eigenschaften von vier verschiedenen Fahrzeugtechnologien. In allen Fällen ist die Ausgangslage Strom aus einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage), die im ersten Fall für ein batterie-elektrisches Fahrzeug verwendet wird. In den drei anderen Fällen wird der Strom in einem Power-to-X Prozess (PtX) in einen chemischen Energieträger umgewandelt: Die beiden Gase Wasserstoff H2 und Methan CH4 sowie die Flüssigkeit Methanol CH3OH. Die Fahrzeuge verwenden diese chemischen Energieträger als Energiespeicher an Bord.

Bei den PtX Prozessen sowie bei der Rückumwandlung in Antriebsenergie geht ein Teil der Energie verloren. Das ist in der Tabelle mit den unterschiedlichen Flächen dargestellt, welche eine PV-Anlage haben muss, um innerhalb von 4 Stunden die Energie für eine Fahrt von 40 km zu erzeugen. Die jährlichen Kosten für die grosstechnische Speicherung der vier Energieträger sind in der Tabelle nur als Grössenordnung angegeben. Sie zeigen, dass die Speicherbarkeit der chemischen Energieträger, insbesondere von Methan und Methanol, deutlich besser ist als bei Batterien, auch wenn Batterien in den kommenden Jahren grosse Fortschritte machen werden.

Dieses Beispiel kann auf die Energieversorgung der Schweiz übertragen werden. Methan und Methanol sind insbesondere auch dann interessant, wenn sie im Winter zum Heizen in Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen (WKK) verwendet werden und gleichzeitig Elektrizität erzeugen. Sie helfen, die Strommangellage zu bewältigen.

Prof. Dr. Markus Friedl, Leiter IET Institut für Energietechnik, OST Ostschweizer Fachhochschule
03. Dezember 2021