Der Studiengangsleiter Bsc. Soziale Arbeit a.i. der OST, Stephan Schlenker, begrüsste alle anwesenden Studierenden und Kolleginnen und Kollegen, bevor er das Wort der Referentin Nadia Baghdadi, Dozentin an der OST, übergab. Nicht alle Menschen starten mit den gleichen Voraussetzungen in ihr Berufsleben. Dies zeigte Nadia Baghdadi anschaulich anhand einer Kinderzeichnung auf. Man sah darauf drei Kinder, die jeweils an einer Stange Klimmzüge machen wollten. Kind 1 kann sich vom Boden abstossen. Kind 2 wird von einem zweiten Kind von unten gestützt und Kind 3 hängt allein in der Luft und müsste den Klimmzug aus eigener Kraft schaffen. So verhält es sich auch mit dem sozialen Aufstieg. «Anstrengung, Aneignung von Wissen und Ausdauer sind dazu immer nötig. Jedoch gelingt einigen der Aufstieg leichter als anderen», erklärte Baghdadi mit dem Bild. Vor allem Familien mit Migrationshintergrund sehen den sozialen Aufstieg als ein hohes Ziel an, da sie sich damit ein besseres Leben vorstellen. Wenn eingewanderte Eltern den sozialen Aufstieg selbst nicht schaffen, wollen viele diesen zumindest ihren Kindern ermöglichen. Dies auch wenn sie nicht immer wissen, wie sie ihre Kinder dabei unterstützen können. Gemäss Baghdadis Forschungen entwickeln viele Migrantinnen und Migranten sogenannte Anpassungsstrategien im Prozess des sozialen Aufstiegs. Das bedeutet, es werden Strategien und Verhaltensweisen entwickelt, wie beispielsweise auf keinen Fall irgendwie aufzufallen oder sich ganz besonders anzustrengen, um doppelt so gut zu sein wie die die anderen.
Nach dem Inputreferat und einer kurzen Verschnaufpause folgte die Podiumsdiskussion. Gemeinsam mit Nadia Baghdadi diskutierten die drei langjährigen Organisatorinnen der Euregio-Ringtagung mit: Gabi Hahn, Dozentin an der OST, Doris Böhler, Dozentin der FHV und Annerose Siebert, Sozialarbeitswissenschaftlerin der RWU. Alexandra Cloots, Institutsleiterin Gender und Diversity an der OST, moderierte das Gespräch. Viele Migrant:innen würden versuchen, sich möglichst unauffällig zu verhalten und unterdrückten dabei vieles. Wie könnte hier unterstützt werden, lautete eine Frage. «Je höher man aufsteigt, desto mehr ist man allein. Es kann helfen, sich Gleichgesinnte zu suchen, sich zu vernetzen und sich dadurch gegenseitig zu ermächtigen», antwortete Nadia Baghdadi. Doch was könnte die Soziale Arbeit konkret tun, lautete eine weitere Frage. Annerose Siebert schlug vor, Räume und Möglichkeiten zu schaffen: «Hier ist eine kulturelle Übersetzungsarbeit nötig. Die Soziale Arbeit kann versuchen, das Wissen zu liefern, um in eine Sprache zu kommen, in der sich alle verstehen», sagte sie. Auch die Studierenden beteiligten sich rege mit Fragen und Inputs an der Diskussion. Zum Abschluss betonten alle Podiumsgäste, dass es wichtig sei, weiterhin kritisch zu bleiben und für Gespräche offen zu sein. Dies diente auch als Ausblick auf das Programm am Nachmittag, wo sich alle Studierenden in sechs verschiedenen Workshops zu diversen Themen rund um Migration austauschen konnten.
Die Themen reichten von den Herausforderungen für die Soziale Arbeit mit älteren Migrant:innen, mit Menschen mit Fluchterfahrungen über Gründe für die Roma Migration, Wohnungslosigkeit speziell bei migrierten Frauen, Traumapädagogik bis hin zur Arbeitsmarktintegration von Zuwandernden. Beim kurzen Austausch zu den wichtigsten Erkenntnissen aus dem Nachmittag wurde klar, dass die angesetzten zwei Stunden Workshop-Zeit für viele Gruppen eher knapp bemessen war. Jedoch konnte trotzdem gute erste Ansätze entdeckt und besprochen werden. Zudem kam das Votum von einem Workshopleitenden, dass er einmal mehr feststellen konnte, dass divers zusammengesetzte Gruppen mit unterschiedlichen Ansichten die besten Ergebnisse liefern. Mitorganisatorin Gabi Hahn bedankte sich zum Abschluss bei allen Beteiligten herzlich für ihr Engagement an diesem anregenden und interessanten Tag. Sie wies auch bereits auf die Euregio-Ringtagung vom kommenden Jahr hin: Diese wird am 8. Mai 2025 an der Hochschule Ravensburg-Weingarten zum Thema «sexualisierte Gewalt» stattfinden.