Forschungsprojekt

Nutzung von LBG (Liquefied Biogas) für den Schweizer Schwerlasttransport

Um ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, prüft die Logistikbranche aktuell verschiedene fossilfreie Antriebskonzepte. Eine Möglichkeit ist die Umstellung auf verflüssigtes Biogas (LBG). Ein Team der Ostschweizer Fachhochschule untersucht zusammen mit dem Transportunternehmen Krummen Kerzers AG und mit Lidl Schweiz AG, ob und in welchem Ausmass der Ersatz von konventionellem Dieselkraftstoff durch verflüssigtes Biogas im Schwerlastverkehr in der Schweiz ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist.

Das Projekt mit dem Kürzel "HelloLBG" untersucht den Einsatz von LBG für den Schweizer Schwerlasttransport. Hauptziel ist die Evaluation, unter welchen Bedingungen die Verwendung von LBG energetisch, technisch und ökonomisch sinnvoll möglich ist. Dafür werden alle energetisch relevanten Einflussgrössen in der gesamten Wertschöpfungskette einer konkreten LBG-Bezugsquelle (von Produktion bis Verwendung im realen Betrieb, d.h. einschliesslich Transport, Lagerung, Umfüllung, Betankung) untersucht und in einer Well-to-Wheel-Analyse zusammengefasst und bewertet.

Messungen an Flüssiggastankstelle 

In der Schweiz sind aktuell drei Flüssiggastankstellen in Betrieb, das Interesse an Flüssigbiogas steigt. Im Projekt wurden Messungen an einer dieser drei Tankstellen durchgeführt um festzustellen, wie hoch der Energiebedarf ist und ob Methanemissionen vor Ort anfallen. Dies ist wichtig, da Methan ein 28-mal stärkeres Treibhausgas als CO2 ist und damit direkte Methan-Emissionen stärker ins Gewicht fallen als eine Verbrennung.

Fahrzeuge und Tankstelle wurden mittels einer Gascam auf Leckage geprüft. Der Kraftstoffverbrauch und die Transportdistanzen der Lkw (LNG (Flüssigerdgas) HPDI, LNG Otto, Diesel) wurden über die Flottenmanagementsysteme der Lkw-Hersteller über den Zeitraum von einem Jahr ausgewertet. Zusätzlich wurden Referenzmessungen für alle drei Motorentechnologien mittels PEMS (Portable Emission Measurement System) durchgeführt. Dabei durchliefen die Lkw mehrfach mit derselben Beladung ein RDE-Prüfverfahren (Real Driving Emissions).

Zusätzlich wurden die Abgase von LBG-Lkw mit verschiedenen Motorentechnologien (HPDI und Otto) gemessen, um Herstellerangaben kritisch hinterfragen und die Emissionen im Realeinsatz prüfen zu können.

Well-to-Wheel-Analyse 

Bezüglich der LBG-Produktion konnte festgestellt werden, dass die Erneuerbarkeit der Strom- und Wärmezufuhr im Produktionsprozess für die Well-to-Wheel-Analyse entscheidend ist. Die Berechnungen zeigen, dass Emissionsminderungen von bis zu 82 Prozent gegenüber fossilem Diesel (95.1 g CO2eq/MJ) erreicht werden können, sofern erneuerbare Energie für die Produktion eingesetzt wird. Ansonsten reduziert sich die Emissionsminderung auf 46 Prozent. Die LBG-Produktion einschliesslich Verflüssigung wurde mit 8 g CO2eq/MJ berechnet, die verbleibenden Emissionen von nochmals etwa 9 g CO2eq/MJ können durch die Verringerung der Transportdistanz und das konsequente Vermeiden von Ventings bei der Tankstelle nochmals erheblich reduziert werden. Mit Ventings wird durch das Ablassen von Methan der Druck im Tank des Fahrzeugs gesenkt um eine Betankung zu ermöglichen. Dieses Gas wird üblicherweise in die Tankstelle rückgeführt. Ist jedoch auch dort der Druck zu hoch, geht das Methan nicht in die Tankstelle, sondern in die Umgebung. Ventings in die Atmosphäre können durch einen höheren Methanumsatz an der Tankstelle auf nahezu null reduziert werden, da bei häufigerem Nachfüllen von kaltem LBG der Druck in der Tankstelle unter 9.5 bar gehalten werden kann.

Bei zwei LNG-Lkw sowie einem Diesel-Lkw wurden Abgasmessungen durchgeführt. Das Fahrzeug mit Ottomotor (Lambda = 1) weist höhere CO2-Emissionen auf als das Fahrzeug mit HPDI-Motor (High Pressure Direct Injection), bei dem allerdings für die Zündung im Schnitt noch 10 Prozent (Masse) Diesel eingesetzt werden muss.

Die Well-to-Wheel-Analyse zeigt, dass mit LBG aus Skandinavien die Emissionen von 1044 g CO2eq/km (Diesel) auf 270 CO2eq/km (Otto) bzw. 282 CO2eq/km (HPDI) gesenkt werden können. Dies noch ohne Optimierung des Transportes oder der Tankstelle. Mit fossilem LNG dagegen werden die Emissionen im Otto-Motor auf 1257 CO2eq/km erhöht und im HPDI-Motor minim auf 953 CO2eq/km reduziert.

In der Praxis ist zu beachten, dass die Anschlüsse der LNG-Tankstellen und LNG-Fahrzeuge nicht immer kompatibel sind und dass es in der Schweiz kantonale Unterschiede bei baulichen Vorgaben, Auslegung der Störfallverordnung und Klassifizierung gemäss Brandschutznormen gibt.

Fazit und Ausblick

Durch den Ersatz von LNG durch verflüssigtes Biogas (LBG) können die klimarelevanten Emissionen deutlich reduziert werden. Während im Fahrzeugeinsatz aufgrund der weitgehend identischen chemischen Zusammensetzung von LNG und LBG zunächst dieselben Emissionen auftreten, zeigt eine ganzheitliche Well-to-Wheel-Betrachtung ein anderes Bild: Hier werden für biogene Treibstoffe die CO2-Emissionen bei der Verbrennung im Motor durch den pflanzlichen Zyklus egalisiert. Doch bleiben auch beim LBG die produktions- und transportbedingten Emissionen bestehen sowie auch diejenigen Gase, welche beim Einsatz im Lkw neben dem CO2 gebildet werden.

Im Projekt konnten erste Ergebnisse zu der Well-to-Wheel-Analyse von verflüssigtem Biogas verschiedener Anbieter bestimmt werden. Am Beispiel von LBG aus einer Verflüssigungsanlage in Skandinavien wurde ermittelt, dass bei fossilfreier Produktion des Biogases gesamthaft eine Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber Diesel von über 70 Prozent erreicht wird. Mit dem Import von LBG von naheliegenden Produktionsstandorten oder sogar einer LBG-Produktion in der Schweiz sowie der Verhinderung von Ventings an der Tankstelle sollte die Well-to-Wheel-Bilanz nochmals besser ausfallen.

Finanziert wird das Projekt vom Bundesamt für Energie (BFE), dem Forschungsfonds Gas (FOGA) der schweizerischen Gasindustrie und der Lidl Schweiz AG. Umsetzungspartner sind die Krummen Kerzers AG und Lidl Schweiz AG.

Laufzeit: 15.05.2019 - 31.05.2022

Kooperation:

Lidl Schweiz AG und Krummen Kerzers AG

Bildquelle: IET Ostschscheizer Fachhoschule